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    Marktkommentar  992  0 Kommentare Credit Suisse: Wie wird die Schweiz bis 2030 wachsen?

    Die Schweiz weist weltweit eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen auf. Ob sie ihren Lebensstandard auch langfristig halten kann, hängt allerdings davon ab, welches Wachstum die hiesige Volkswirtschaft künftig erzielen kann.

    Jenseits des konjunkturellen Auf und Ab hängt das Wachstumspotenzial eines Landes grundsätzlich von seiner Arbeitskraft, den Investitionen in die Kapitalausstattung wie Infrastruktur oder Maschinen sowie von der Produktivität ab, das heißt vom Verhältnis zwischen der erbrachten volkswirtschaftlichen Leistung und den dafür eingesetzten Produktionsfaktoren.

    Wachstum der letzten Jahre dank gesteigertem Arbeitseinsatz

    In den letzten Jahren nahm die Wirtschaftsleistung in der Schweiz vor allem dank einem gesteigerten Arbeitseinsatz zu. Besonders seit der Einführung der Personenfreizügigkeit im Jahr 2002 konnte ein Wandel von einem kapitalintensiven zu einem arbeitsintensiven Wachstum festgestellt werden. Dies war dann mit ein Grund für die schwache Entwicklung der Arbeitsproduktivität. Wenig Unterstützung erhielt die Entwicklung der Produktivität in dieser Zeit auch durch den technologischen Fortschritt. Der in der Schweiz starken Forschung stand möglicherweise eine ungenügende Umsetzung technologischer Neuerungen gegenüber.

    Nicht nur unproduktive Branchen sind gewachsen

    Eine Analyse der Produktivitätstreiber im marktwirtschaftlichen Teil der Wirtschaft (ohne öffentlichen Sektor) zeigt, dass das Produktivitätswachstum von der Einführung der Personenfreizügigkeit bis hin zur Finanzkrise primär durch genuine Produktivitätsfortschritte innerhalb der Branchen bestimmt war. Produktivitätsveränderungen aufgrund von strukturellen Verschiebungen der Beschäftigungsanteile fielen dagegen eher gering aus. Der durch Zuwanderung erhöhte Arbeitseinsatz kam nicht hauptsächlich Branchen mit tiefer Arbeitsproduktivität zugute. Mit anderen Worten: Die Zuwanderung scheint keinen Wandel hin zu unproduktiven Branchen ausgelöst zu haben. Branchen, welche in dieser Zeit einen hohen Beschäftigungsbeitrag verzeichnet haben, haben auch einen relativ hohen Beitrag zum Wachstum der Produktivität geleistet. Dies gilt vor allem für den Bereich Unternehmensdienstleistungen, wo am meisten Stellen geschaffen wurden. Diese Branche gehörte aber gleichzeitig zu den Produktivitätstreibern, zusammen mit dem Bereich Handel, Verkehr und Logistik sowie der wertschöpfungsintensiven Industrie. Und auch der Sektor mit dem zweitstärksten Beschäftigungsaufbau, der Bereich Bildung, Gesundheit und Soziales, trug positiv zur Produktivitätsentwicklung bei, wenn auch weniger stark.

    Produktivität wird zum zentralen Wachstumstreiber

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    In den kommenden Jahren sind einem weiteren starken Ausbau des Arbeitseinsatzes Grenzen gesetzt. Zum einen muss die Schweiz bis 2017 die Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt haben. Zum anderen wird die Erwerbsbevölkerung aufgrund der demografischen Alterung immer langsamer wachsen und nach 2020 nur noch stagnieren. Die Arbeitsproduktivität wird somit zunehmend zum zentralen Wachstumstreiber werden. Zur Abschätzung möglicher Entwicklungspfade haben wir drei Wachstumsszenarien bis 2030 erstellt. Im Hauptszenario gehen wir davon aus, dass die Produktivität dank erhöhter Investitionstätigkeit wieder stärker wachsen wird und an die leichte Beschleunigung anknüpfen wird, die bereits heute sichtbar ist. Dank erfolgreichen Verhandlungen mit der EU bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative pendelt sich die Zuwanderung bis 2020 auf 40'000 bis 50'000 Personen pro Jahr ein. Gleichzeitig gelingt es, das inländische Arbeitskräftepotenzial stärker zu mobilisieren, insbesondere durch erhöhte Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmern. Die Szenarien «Tief» und «Hoch» zeigen die Bandbreite der möglichen Entwicklungen, wenn Produktivitätsfortschritte und zuwanderungsbedingte Wachstumsimpulse ausbleiben, beziehungsweise wenn es gelingt, durch verbesserte Innovationsumsetzung und ein höheres Arbeitskräftepotenzial ein stärkeres Wachstum zu begünstigen.

    Wachstumspotenzial der Schweiz im 2015

    Gemäß unseren Schätzungen beläuft sich das Wachstumspotenzial der Schweiz heute auf rund 2 Prozent. Bis 2020 wird sich diese Wachstumsrate im Hauptszenario auf 1.8 Prozent reduzieren, im Szenario «Tief» auf 1.5 Prozent. Eine abermalige Abschwächung ist bis 2030 zu erwarten. Bis zu diesem Zeitpunkt wird sich das Wachstumspotential im Hauptszenario auf 1.6 Prozent, im Szenario «Tief» auf knapp 1 Prozent eingependelt haben. Lediglich unter den optimistischeren Annahmen bezüglich aller Produktionsfaktoren im Szenario «Hoch» wird die Schweiz in der Lage sein, ihr Wachstumspotenzial auf dem heutigen Niveau zu halten.

    Ein starkes und nachhaltiges Wachstum in der Schweiz bedingt, dass die Potenziale besser ausgeschöpft werden. Die verstärkte Mobilisierung des inländischen Arbeitskräftepotenzials erfordert Veränderungen der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen. So kann eine höhere Erwerbsbeteiligung nur dann erreicht werden, wenn Frauen nicht länger mit steuerlichen Fehlanreizen vom Erwerbsleben abgehalten, sondern im Gegenteil für dieses ermuntert werden, wenn das Rentensystem angepasst und eine stärkere Integration älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt über eine flexiblere Personal- und Lohnpolitik erleichtert wird. Eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität hängt hingegen maßgeblich von einer weiteren Intensivierung des Wettbewerbs im Binnenmarkt und einer stärkeren internationalen Öffnung ab. Auch der Abbau administrativer Belastungen und Regulierungen stellt eine zentrale Herausforderung für die Zukunft dar. Nicht zuletzt könnte die Stärkung des Venture-Capital-Marktes produktivitätsfördernde Investitionen zeitigen und damit nicht nur die Innovationspotenziale der Schweiz freisetzen, sondern auch weitere Wachstumsimpulse generieren.

    Sara Carnazzi Weber




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