Sorge um Euro-Zone
Notenbankchefs fordern Euro-Finanzministerium
Mehr Europa wagen! In einem Gastbeitrag plädieren Bundesbankchef Jens Weidmann und sein französischer Amtskollege Francois Villeroy de Galhau für eine stärkere europäische Integration: ein Euro-Finanzministerium müsse her. +++ Mit Update +++
Europa stehe heute an einem Scheideweg, schreiben die beiden Notenbankchefs in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. Das Vertrauen in das europäische Projekt ist erschüttert, nationalistische Tendenzen gewinnen an Zustimmung. Was also tun - Mehr Europa wagen oder zurück zu den nationalstaatlichen Wurzeln? Für Weidmann und Villeroy de Galhau ist die Antwort klar: „Eine stärkere Integration scheint der naheliegend (sic) Weg zu sein, um das Vertrauen in den Euro-Raum wiederherzustellen, denn dies würde die Entwicklung gemeinsamer Strategien für die Staatsfinanzen und für Reformen begünstigen und das Wachstum fördern.“
Trotz vielfältiger Maßnahmen, die Stabilität der Europäischen Währungsunion zu verbessern, weise der Ordnungsrahmen nach wie vor „gravierende Schwachstellen auf“, konstatieren Weidmann und Villeroy de Galhau. So stelle die derzeitige Asymmetrie zwischen nationaler Souveränität und gemeinschaftlicher Solidarität eine Gefahr für die Stabilität unserer Währungsunion dar. Geht es nach den beiden Notenbankchefs, sollte diese Asymmetrie zugunsten der europäischen Gemeinschaft verschoben und der Euro auf ein stärkeres institutionelles Fundament gestellt werden. „Zu diesem Zweck müssten die Euro-Länder natürlich in erheblichem Maße Souveränität und Befugnisse auf die europäische Ebene übertragen, was wiederum eine größere demokratische Rechenschaftspflicht erfordern würde“, so Weidmann und Villeroy de Galhau.
Gemeinsames Euro-Finanzministerium
Konkret fordern die beiden die Schaffung eines gemeinsamen Euro-Finanzministeriums in Verbindung mit einem unabhängigen Fiskalrat. Darüber hinaus müsste eine effiziente und weniger fragmentierte europäische Verwaltung aufgebaut sowie ein stärkeres politisches Gremium gebildet werden, das politische Entscheidungen treffe und der parlamentarischen Kontrolle unterliege. Die Notenbankchefs sind überzeugt: „Diese neuen Institutionen könnten dafür sorgen, das Gleichgewicht zwischen Haftung und Kontrolle wiederherzustellen.“
Ein verbesserter wirtschaftspolitischer Ordnungsrahmen sei jedoch nur einer von drei notwendigen Eckpfeilern. Um Wohlstand und Stabilität im Euro-Raum wirklich zu stärken, bedarf es laut Weidmann und Villeroy de Galhau außerdem Strukturreformen auf nationaler Ebene sowie einer „ambitionierten Finanzierungs- und Investitionsunion.“ Theoretisch ließe sich die Euro-Zone aber auch auf Basis eines dezentralen Ansatzes stabilisieren, gemäß der Devise „mehr Eigenverantwortung mit strengeren Regeln.“ Gleichzeitig unterstreichen die beiden: „Für uns beide als überzeugte Europäer kann die Zukunft Europas jedoch nicht in einer Renationalisierung liegen, sondern vielmehr darin, seine Grundlagen zu festigen. Was die Europäer eint, sind verbindende Werte, ein faires Sozialmodell und eine solide Währung.“ Dies seien Trümpfe, auf die Europa setzen sollte.
Update: Euro-Finanzministerium "politisch nicht durchsetzbar"
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Gegenüber der „FAZ“ unterstrich Bundesbankpräsident Jens Weidmann, die Errichtung eines Euro-Finanzministeriums sei lediglich eine theoretische Option, die er aber derzeit nicht für machbar halte. "Ich sehe gegenwärtig keine politischen Mehrheiten für eine solche zentrale Lösung", so der Bundesbank-Chef, der damit dem Eindruck entgegengetreten möchte, er strebe in naher Zukunft die Schaffung eines Euro-Finanzministeriums an. Stattdessen plädiere Weidmann für eine Stärkung der geltenden Regeln. Es gelte „unverändert der auf dem Prinzip der Eigenverantwortung basierende Rahmen des Maastricht-Vertrages“, stellte der deutsche Notenbankchef gegenüber der “FAZ“ klar. „Diesen gilt es nachhaltig zu stärken. Solange kein umfassender Souveränitätsverzicht beschlossen wird, ist dies der Weg, der Haftung und Kontrolle in Einklang bringt.“