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    Verbotene Staatsfinanzierung?  3097  1 Kommentar EZB-Anleihekäufe vor Verfassungsgericht: Der Drahtseilakt der roten Roben

    Beim Streit um die Anleihekäufe der Notenbanken sind heute wieder die Verfassungsrichter am Zug. Dabei wird die Entscheidung über die zukünftige Handhabe der Kaufprogramme keine Einfache. Es geht um die Abwägung der nationalen Souveränität und die Legitimität europäischer Vorgaben.

    Die Frage über die Ausgestaltung europäischer Rettungspolitik lag schon einmal auf dem Tisch der deutschen Verfassungsrichter. Damals löste die Äußerung Draghis, man werde alles tun, um den Euro zu stützen, vielfach Hysterie aus. Es regnete tausende Klagen gegen das "Outright-Monetary-Transactions"-Programm (OMT), von dem Kritiker vermuten, dass es sich hierbei um eine Art der verdeckten monetären Staatsfinanzierung handelt. (Lesen Sie hier und hier mehr zum OMT-Urteil.)

    Das Bundesverfassungsgericht leitete die Frage seinerseits an den Europäischen Gerichtshof weiter. Dieser entschied: Der Staatsanleihekauf ist rechtmäßig und verstößt nicht gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung von Mitgliedstaaten (mehr dazu hier). Doch bindend ist das Urteil nicht. Und somit dürfen sich die deutschen Verfassungshüter heute erneut damit herumschlagen. 

    Ein spektakuläres Urteil wird ausbleiben

    Dass dies kein einfaches Unterfangen ist, zeigt schon die bloße Dauer, die für die Entscheidungsfindung anberaumt wird. Bis es zu einem Urteil kommt, sollen laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche" mehrere Monate vergehen. In der Zeit müssen die Richter einen Weg finden, die hauseigene Souveränität aufrecht zu erhalten, ohne das europäische Konstrukt mit einer simplen Ablehnung der EuGH-Entscheidung zum Einsturz zu bringen. 

    Entsprechend zurückhaltend sind die Hoffnungen auf ein spektakuläres Urteil. Von Wirtschaftsexperten wurde den Richtern empfohlen, das Ergebnis des EuGH beizubehalten - aber eine andere Begründung anzuführen. Somit hätte das nationale Gericht seinem Vetorecht wirksam Ausdruck verliehen, ohne den Stein für einen Kampf der Institutionen ins Rollen zu bringen. 

    "Ich könnte mir vorstellen, dass das Bundesverfassungsgericht die Vorgaben des EuGH noch etwas verschärfen wird, um seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit sichtbar werden zu lassen", sagt Verfassungsrechts-Professor Joachim Wieland von der Universität Speyer der Tageszeitung "Die Welt". Einen offenen Konflikt wird es seiner Ansicht nach aber nicht geben. 

    Hintergrund:

    2012 beschloss die Europäische Zentralbank (EZB), bei Bedarf Staatsanleihen einzelner Euro-Länder in unbegrenzter Höhe aufzukaufen. Das so genannte Programm der "Outright Monetary Transactions" (OMT) kam bislang nicht zum Einsatz, landete aber bereits vor den Gerichten. Im Jahr 2014 verwies das Bundesverfassungsgericht den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und äußerte zugleich erhebliche Bedenken gegen das OMT-Programm und behielt sich zudem das letzte Wort vor. 

    Die Kritiker des OMT-Programms sehen nun neben dem Bundesverfassungsgericht auch die Bundesbank in der Pflicht. So könne diese „durch eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts rechtsklärend den Weg zu ebnen, um den Vollzug des OMT-Programms zu verweigern“, so der Berliner Rechtsanwalt und Finanzprofessor Markus C. Kerber, einer der Beschwerdeführer vor dem höchstrichterlichen Gremium (wallstreet:online berichtete).





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