Folgen der EZB-Geldpolitik
Immobilienblase und Strafzinsen für Alle? Der Nullzinspolitik EZB sei Dank!
Durch die vielfach diskutierte Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank dreht sich die Preisspirale im Immobiliensektor weiter nach oben. Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret warnt nun davor, Kredite überhastet zu vergeben. Private Bankkunden müssen sich zusätzlich auf die Weitergabe der Negativzinsen gefasst machen.
Ein Rekord bei den Wohnungsbaukrediten, ein Immobilienmarkt, der sich immer stärker überhitzt. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wurde angedacht, die Wirtschaft anzuregen, stattdessen bereitet sie Vielen momentan eher Kopfschmerzen. So auch Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Bundesbank für Banken- und Finanzaufsicht. In einem Interview mit „Spiegel Online“ spricht er über die aktuellen Entwicklungen im Immobilienbereich und über die Möglichkeit, dass private Bankkunden bald für die negativen Einlagezinsen zur Kasse gebeten werden könnten.
„Erste Wolken“ über dem Immobiliensektor
Bei oberflächlicher Betrachtung scheint zunächst nichts auf eine bevorstehende Krise hinzudeuten. Laut Dombret hätten sich die Kreditvergabestandards der zumeist konservativen Banken nicht verändert, auch das Kreditvolumen sei nicht überdurchschnittlich angestiegen. Doch die Crux liegt im Detail – und zwar in der Sparte der Wohnungsbaukredite, die mit 3,5 Prozent so stark wie seit 13 Jahren nicht mehr gewachsen sei.
Der Rekord von 1.230 Milliarden Euro im Gesamtvolumen (Ende 2015) lässt aufhorchen und Dombret eine Warnung an die Banken aussprechen: „Ich sehe erste Wolken am Horizont aufziehen.“ Wegen der Gefahr einer zukünftigen Zinswende und einem daraus resultierenden Zusammenbruch des Marktes müsse man „sehr vorsichtig sein und Immobilienkreditentscheidungen besonders gut abwägen“. Dies gelte vor allem für Kredite mit sehr langen Laufzeiten.
Negativzinsen für Privatkunden? „Die Wahrscheinlichkeit steigt.“
Inwiefern die Banken von der hyper-expansiven Geldpolitik der EZB betroffen sind, hänge hauptsächlich von deren Geschäftsmodell ab. Vorwiegend im Zinsgeschäft operierende Institute – wie die Sparkassen oder die Volks- und Raiffeisenbanken – dürften langfristig Probleme bekommen, nämlich dann, wenn sie ihre Rücklagen und Reserven aufgebraucht haben. Hinzu kommen Verluste aus den Strafzinsen, die für bei der Zentralbank geparktes Geld aufgeschlagen werden.
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Auf kurz oder lang müssen sich Privatkunden daher schon mal auf die Weitergabe der Negativzinsen einstellen. Zwar wollen viele Banken „eigentlich alles tun, um das zu vermeiden. Aber je länger das gegenwärtige Zinsumfeld Bestand hat, desto höher steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass man die Negativzinsen vielleicht doch weitergeben muss“, erklärt Dombret. Vorschriften gäbe es hierbei nicht.
Zum Teil findet dieser Prozess aber auch schon längst indirekt statt, denn viele Institute hätten ihre Gebühren bereits erhöht oder würden über solche Erhöhungen nachdenken. Dies könne zum Beispiel auf Bargeldabhebungen, Scheckkartenausstellungen oder andere Dienstleistungen zutreffen. So oder so: Teuer wird es letztlich wohl eher für die Bankkunden. Der Wirtschaft ist damit weniger geholfen.