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    HINTERGRUND/Quittung fürs Nichtstun  591  0 Kommentare Japanische Notenbank wird angezählt

    TOKIO (dpa-AFX) - Die japanischen Währungshüter haben mit Nichtstun überrascht. Trotz mauer Konjunktur und negativer Inflation hat die Bank of Japan (BoJ) ihre Geldschleusen nicht weiter geöffnet. Dabei hatte manch einer gar damit gerechnet, die Notenbanker würden historisch bislang ungekannte Wege gehen. Die Märkte reagierten empfindlich. Die japanischen Währungshüter hätten "einen hinter die Löffel" bekommen, meinen Experten.

    Was hat die japanische Notenbank entschieden?

    Die Bank of Japan (BoJ) setzt ihre extrem lockere Geldpolitik unverändert fort, sie hat also nichts gemacht. Das Nichtstun hatte aber eine starke Wirkung an den Finanzmärkten, denn viele Experten und Anleger hatten drastische Schritte erwartet. Entsprechend groß war die Enttäuschung. Viele Experten hatten zumindest erwartet, dass die bereits bestehenden Instrumente ausgeweitet werden. Ähnlich wie die Europäische Zentralbank (EZB) kauft die BoJ im Milliardenumfang Wertpapiere, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Im Januar hat sie zudem den Strafzins für Banken eingeführt. Beides wurde nun aber nicht verschärft.

    Welches historische Novum wurde von einigen Experten erwartet?

    Zuletzt war aus Notenbankkreisen das Gerücht durchgesickert, die Japaner könnten den sogenannten Repo-Zinssatz, zu dem sich Banken Geld leihen können, in den negativen Bereich senken. Das wäre historisch einmalig gewesen. Banken würden für das Schuldenmachen Geld bekommen. Durch den Schritt könnten Nachteile für die Banken durch den Strafzins teilweise ausgeglichen werden, so dass neuer Spielraum für weitere Zinssenkungen entsteht. Über diesen Weg sei aber zumindest am Donnerstag nicht diskutiert worden, sagte Notenbankchef Haruhiko Kuroda nach der Entscheidung.

    Wie fielen die Reaktionen an den Finanzmärkten aus?

    Die Kurse an der japanischen Börse stürzten ab, die Landeswährung Yen gewann deutlich an Wert und legte im Verhältnis zum US-Dollar um knapp 2,5 Prozent zu. Eine starke Währung klingt zunächst nach einer guten Sache. Sie hat aber große Nachteile, denn sie macht heimische Produkte im Ausland teurer und schwächt dadurch die Exporte. Ohnehin ist der Yen derzeit schon auf sehr hohem Niveau.

    Warum wurde so viel von der BoJ erwartet?

    Das liegt daran, dass die Währungshüter seit geraumer Zeit die Ziele ihrer Geldpolitik nicht erreichen. Eigentlich wollen sie die Teuerungsrate auf zwei Prozent anheben und die Konjunktur ankurbeln. Davon ist aber nichts zu sehen. Konsum und Exporte schwächeln, die Wachstumsaussichten haben sich eingetrübt und die Inflation ist nun sogar in den negativen Bereich gerutscht. Sinkende Preise gelten als gefährlich, weil sie Unternehmen von Investitionen abhalten und die Wirtschaft dadurch in eine Abwärtsspirale stürzen könnten. Kritiker attestieren: Entweder die Notenbanker tun nicht alles, was sie können, oder sie glauben selbst nicht mehr an die Wirksamkeit ihrer Medizin. In beiden Fällen hat die BoJ ein Glaubwürdigkeitsproblem.

    Haben die Japaner ihre Entscheidung schlecht kommuniziert?

    Diesen Vorwurf wies Kuroda von sich. Es gebe kein Kommunikationsproblem, sagte der Notenbankchef. Grundsätzlich wird an den Märkten vor jeder Zinsentscheidung spekuliert. Währungshüter stehen vor der Frage, wie sie damit umgehen sollen. Sollen sie sich eher an den Markterwartungen orientieren oder ihren Kurs davon unbeirrt durchziehen? Insbesondere die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass die Märkte sich nicht in der Illusion eines klar vorgezeichneten geldpolitischen Fahrplans wiegen sollten. Am Mittwoch hat die Fed zwar wie erwartet die Zinsen unangetastet gelassen, die US-Währungshüter stellten aber auch klar, dass das Tempo der künftigen Zinsanhebungen nicht vorgegeben ist.

    Was bedeutet die Entscheidung für andere wichtige Notenbanken?

    Besonders gespannt dürften am Donnerstag die europäischen Währungshüter auf Japan geschaut haben. Denn auch bezüglich der Europäischen Zentralbank (EZB) wachsen derzeit Zweifel, ob weitere geldpolitische Lockerungen möglich und zielführend wären. Hätten die Japaner den negativen Repo-Zins eingeführt, wäre diese Innovation eine mögliche Blaupause für die EZB gewesen. Diese Pionierarbeit haben die Japaner aber nicht geleistet. Zumindest vorerst./tos/jsl

    --- Tobias Schmidt, dpa-AFX ---





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