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    Marktkommentar  638  0 Kommentare Igor de Maack (DNCA): Wöchentlicher Kommentar zu den Märkten (15. Juli 2016)

    Terra incognita ... Mit diesen beiden lateinischen Worten beschrieben die Forscher einst auf Landkarten jene Gebiete, die vom modernen Menschen noch unentdeckt waren. In derart unberührte, unwirtliche und unbekannte Gefilde haben sich nun die Finanzmärkte begeben. Die Zinsen sinken in immer mehr Ländern für immer längere Laufzeiten immer tiefer ins Minus. Ebenfalls wie ein weißer Fleck mutet das institutionelle Vakuum an, das seit dem Brexit-Referendum an der politischen Front aufklafft.

    Längst wird Europa zur Gefangenen jener Volksbefragungen, die zunehmend einem Ultimatum an ,die da oben' in Brüssel gleichen: zunächst im letzten Jahr in Griechenland, dem es darum ging, dem Euroraum finanzielle Zugeständnisse abzuringen, dann im Juni in Großbritannien, um eine Ausnahme von der Regel des freien Personenverkehrs zu erwirken, und drittens bald in Italien, in dem das Gespenst einer innenpolitischen Krise an die Wand gemalt wird, um eine neue Refinanzierung des Bankensystems aus öffentlichen Mitteln auszuhandeln. Europa wird sich also einem gründlichen Gesundheitscheck unterziehen müssen. Das Gemeinschaftsprojekt mag unvollendet sein und so manche Schwachstelle aufweisen. Sein Verdienst ist es jedoch, immerhin zu existieren und als Forum für Diskussionen über Regeln zu fungieren, die sich zeitweise durchaus pragmatisch handhaben und lockern lassen - Vorteile, die das von den Populisten vielgepriesene Ungewisse, der luftleere politische Raum, nicht zu bieten vermag. An den Aktienmärkten werden derzeit sommerlich geringe Volumina gehandelt. Dies hält die Kurse nicht davon ab, sich erneut auf Höhenflüge zu begeben. So hat der amerikanische Index S&P 500 jüngst seine neue Bestmarke erklommen, als wollte er den Kurven und Kehrtwendungen auf den britischen Inseln eine lange Nase drehen.

    Es ist im Übrigen paradox zu sehen, wie selbst in Europa die Aktienmärkte anziehen, während seit nunmehr über zwanzig Wochen das Gros der Anleger Kapital aus dieser Anlageklasse abzieht. Man darf als davon ausgehen, dass es sich bei den heutigen Marktakteuren um marginale Käufer und Verkäufer handelt, sodass die Ausschläge nach unten wie auch nach oben innerhalb einer Bandbreite von 5 bis 10 % heftig ausfallen können. Keine entscheidenden Veränderungen hat es bislang hingegen in der makroökonomischen Landschaft gegeben.

    Noch ist es zu früh, um die Negativeffekte des Brexits auf die Konjunktur des Euroraums eindeutig identifizieren zu können. In einer Terra incognita muss sich der Forscher wie auch der Anleger oft allein auf sich gestellt gegen große Gefahren behaupten. Wohl aus diesem Grund überschrieben die Kartographen des Mittelalters die noch unvermessenen Gebiete denn auch manchmal mit einer anderen lateinischen Wendung: "Hic sunt dracones": Hier gibt es Drachen ...





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    Marktkommentar Igor de Maack (DNCA): Wöchentlicher Kommentar zu den Märkten (15. Juli 2016) Terra incognita ... Mit diesen beiden lateinischen Worten beschrieben die Forscher einst auf Landkarten jene Gebiete, die vom modernen Menschen noch unentdeckt waren. In derart unberührte, unwirtliche und unbekannte Gefilde haben sich nun die Finanzmärkte begeben. Die Zinsen sinken in immer mehr Ländern für immer längere Laufzeiten immer tiefer ins Minus. Ebenfalls wie ein weißer Fleck mutet das institutionelle Vakuum an, das seit dem Brexit-Referendum an der politischen Front aufklafft.