Star-Ökonom Rogoff
Extreme Maßnahmen... Negativzinsen von minus sechs Prozent und Abschaffung des Bargelds
Der frühere IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff fordert die deutsche Regierung auf, mehr Geld auszugeben, um die Wirtschaft in der Euro-Zone anzukurbeln.
„Es wäre sicherlich sinnvoll, wenn Deutschland und andere Kernländer der Euro-Zone die extrem niedrigen Zinsen nutzen, um mehr Geld auszugeben“, sagte Rogoff der „Welt am Sonntag“. „Allerdings sollte das Geld nicht rausgepustet, sondern sinnvoll investiert werden, etwa in Bildung oder wichtige Infrastruktur.“ Politiker aus Italien und Griechenland, aber auch der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten jüngst gefordert, mit höheren staatlichen Ausgaben das Wachstum zu stärken.
Negativzinsen von bis zu minus sechs Prozent
Rogoff, der an der US-Eliteuniversität Harvard lehrt und forscht, hält es außerdem für möglich und wünschenswert, dass Zentralbanken künftig Negativzinsen von bis zu minus sechs Prozent einführen.
„Eines Tages werden wir eine neue schwere Finanzkrise bekommen und dann könnten wir negative Zinsen von minus sechs oder minus fünf Prozent brauchen, um schnell aus der Krise zu kommen“, sagte
Rogoff im Gespräch mit der „Welt am Sonntag“.
Allerdings schränkte der Star-Ökonom ein, dass dieses geldpolitische Instrument sicherlich erst in einigen Jahren einsatzbereit wäre; schließlich müssten stark negative Zinsen weltweit
koordiniert werden. „Das wäre auch wirklich nur eine Maßnahme für extreme Situationen“, sagte Rotoff der Zeitung. Und ergänzt: „Aber bis das überhaupt möglich würde vergehen sicherlich 15 oder 20
Jahre.“
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Abschaffung des Bargelds
In seinem aktuellen Buch „Der Fluch des Geldes“, das am 26. September erscheint, fordert Rogoff die weitgehende Abschaffung des Bargelds, um Kriminalität und Steuerhinterziehung weltweit zu
bekämpfen. Nur ein ganz kleiner Teil der Scheine mit hohem Nennwert werde legal genutzt, sagte Rogoff der „Welt am Sonntag“. „Der Rest kursiert unter Kriminellen, Handwerkern, die schwarzarbeiten,
und Menschen, die ihre Steuern nicht gezahlt haben.“
Rogoff begrüßt zwar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den 500-Euro-Schein abschafft, sieht diese Entscheidung allerdings nur als einen ersten Schritt hin zu einer Wirtschaft mit sehr viel
weniger Bargeld. „Es bringt nicht viel, nur den 500er abzuschaffen, solange es noch 100er und 200er gibt. Beide Scheine müssen als Nächstes gehen“, sagte der Ökonom. Der 10er sollte für kleinere
Ausgaben beibehalten werden, der 20er möglicherweise auch und Münzen ohnehin.