checkAd

     3074  1 Kommentar Die Wertpapiere liegen auf der Straße

    In dieser Woche gab es ja auch mal wieder ein paar nicht so schöne Tage für die Aktien. Über die schrieb die Presse dann, dass es an der Börse mehr Verkäufe als Käufe gegeben habe. Das heißt also, schließe ich, viele Aktien wurden verkauft, sind aber nicht gekauft worden. Das bringt die Frage auf: Wo sind sie jetzt?

     

    Der Grund, weshalb sie nicht auf der Straße liegen, findet sich wohl ausschließlich darin, dass Aktien heute nur noch virtuell existieren. Die nicht gekauften verkauften Aktien werden also irgendwo im virtuellen Raum herumliegen.

     

    Es gibt jedoch Wertpapiere, die tatsächlich auf der Straße herumliegen. Oder vielleicht ein paar Zentimeter darüber. Das sind die Nummernschilder unserer Autos. Sie sind ja auch so etwas wie Wertpapiere, denn sie verbriefen – oder, korrekter gesprochen, „verblechen“ - die Zulassung eines Autos, seine staatliche Anmeldung und den Versicherungsschutz.

     

    Erstaunlicherweise haben wir uns in diesem Zusammenhang gesellschaftlich zu einem Modell entschieden, bei dem diese Wertpapiere nicht einmal mit einer Schraube gesichert werden, sondern nur an einer Halteeinrichtung festgeklickt sind.

     

    Wer diese Wertpapiere also stehlen will, muss sich nicht überanstrengen. Also ideal für die heutige Zeit. Und warum das machen? Genauso wie man Ausweise oder Pässe stiehlt oder fälscht. Oder einfach nur, weil man einmal umsonst tanken will.

     

    Bei mir in der Gegend hat man am letzten Wochenende bei sieben Autos die Kennzeichen abmontiert. Das scheint ein einträgliches Geschäft zu sein. Und ich bin nur riesig froh, dass die Flüchtlingsunterbringung in der Nähe nicht wie geplant realisiert worden ist, denn ansonsten käme ich jetzt sicherlich auf dumme Ideen.

     

    Die Polizei, mit der ich gesprochen habe, ist da komplett fatalistisch und sagt: „Wenn es nicht die Nummernschilder sind, sind es die Navis. Da kann man schlicht nichts machen.“

     

    Mein Auto hat allerdings kein Navi, ist auch für Autodiebe nicht interessant, und zudem besitze ich keine Feinde, die mir die Reifen zerstechen könnten. Dennoch habe in den letzten Nächten unruhig geschlafen. Daher habe ich nun gehandelt und habe mir die Nummernschildern festnieten lassen. Seitdem schlafe ich viel besser.

     

    Ich kann das nur empfehlen! Gleiches habe ich im Übrigen bereits seit langen Jahren bis Jahrzehnten mit meinen Wertpapieren gemacht. Sie sind in meinem Depot festgenietet, deswegen können sie in Krisen auch nicht unter die Räder kommen oder gar auf die Straße geschleudert werden.

     

    Auch das kann ich nur wärmstens empfehlen. Gerade im Oktober.

     

     


    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Bernd Niquet
    Die Wertpapiere liegen auf der Straße Verkauft und nicht gekauft