Warnung vom Marktanalysten John Hussman
„10 Billionen an Papiervermögen bei US-Aktien werden sich in Luft auflösen“
Mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik hat die US-Notenbank den US-Aktienmarkt in die Stratosphäre getrieben. Deswegen ist die Bewertung extrem hoch. John Hussman von der renomierten US-Investmentfirma Hussman Funds, der die Crashs am Aktienmarkt am Anfang der 2000er-Jahre und 2008 rechtzeitig vorhergesagt hatte, zeigt auf, wie horrend diesmal der Kurseinbruch sein wird.
In der Nähe des Rekordhochs notiert der S&P500: Der Börsenwert liegt damit bei horrenden 19,7 Billionen Dollar. Selbst die Aussicht, dass die US-Notenbank bei der übernächsten Sitzung am 14. Dezember die Zinsen erhöhen dürfte – die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt bei 70 Prozent -, hat den Index nur ein wenig belastet. Während viele Investoren das positiv sehen, ist John Hussman weiterhin skeptisch.
„Der Aktienmarkt ist seit Mitte 2014 praktisch nirgendwo hingelaufen – mit einer Gesamtrendite (also inklusive Dividenden) von Null für den marktbreiten NYSE Composite Index seit damals. Die vergangenen 24 Monate kann man weniger als einen anhaltenden Bullenmarkt, sondern als die ausgedehnte Bildung eines Höhepunkts der dritten spekulativen Blase seit dem Jahr 2000 charakterisieren“, schrieb Hussman in seinem wöchentlichen Brief an die Investoren.
Der US-Finanzprofi analysiert seit mehr als 25 Jahren den Aktienmarkt. Dabei schaut Hussman auf die aktuelle Bewertung und leitet davon die mögliche Kursentwicklung in den nächsten 12 Jahren ab. Der Zusammenhang ist logisch: Je höher die aktuelle Bewertung des S&P500, umso geringer die künftige Rendite. Die aktuelle Bewertung ist praktisch vergleichbar mit einem Wanderer, der auf dem Weg zum Berggipfel ist. Je höher die Bewertung, also je näher der Wanderer am Gipfel ist, umso geringer ist das mögliche Kurspotenzial bis zum Gipfel und umso größer das Rückschlagpotenzial bis zum Tal – sprich bis zur durchschnittlichen Bewertung des Aktienmarkts, oder möglicherweise darunter.
Kurseinbruch um 50 Prozent droht
„Wir erwarten nicht, dass die augenblickliche Situation gut für Investoren ausgehen wird, die darauf bestehen, größere Investmentengagements einzugehen, als die Investoren tatsächlich gewillt sind, während einer Phase von erheblichen Kursverlusten zu halten. Aufgrund der aktuell extremen Bewertung würde ein Kursrückgang um 40 bis 55 Prozent ein ziemliches Allerweltsszenario für den laufenden Börsenzyklus darstellen. Der Rückgang würde die Bewertung nur an das obere Ende einer Spanne zurückbringen, die bei der Vollendung jedes bisherigen Zyklus erreicht oder gebrochen worden ist. Ich erwarte, dass während der Vollendung des laufenden Zyklus mehr als 10 Billionen Dollar an Papiervermögen bei US-Aktien spurlos verschwinden werden“, schrieb Hussman.
„Denken Sie daran, dass das was Investoren als „Vermögen“ bei finanziellen Vermögenswerten betrachten, während eines Marktrückgangs nirgendwo hingeht. Es verschwindet einfach… Sowohl Investoren als auch die US-Notenbank täten gut daran zu verstehen, dass wenn man sämtliche Vermögenswerte und Schulden einer Volkswirtschaft gegeneinander aufrechnet, dann besteht das einzig wirkliche Vermögen einer Gesellschaft nur aus ihrem Bestand an realen Investitionen des privaten Sektors (Häuser, Kapitalgüter, Fabriken), realen öffentlichen Investitionen (Infrastruktur), immateriellen, intellektuellem Kapital (Bildung, Erfindungen, …) und der Ausstattung mit natürlichen Resourcen (Land, Energie, Wasser). In einer offenen Gesellschaft, würde man das Nettoauslandsvermögen hinzuzählen (was im Fall der USA aber negativ ist). Das können Sie in dem Beitrag „Obama hinterlässt ein verheerendes Erbe“ nachlesen."
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Gelddrucken und Abwurf von Helikoptergeld sind nur eine Scheinlösung
Hussman ist der Überzeugung, dass die Fed zwar mit ihrem gigantischen Gelddrucken den Aktienmarkt nach oben getrieben hat. Das schaffe aber kein reales Vermögen, zumal es nach dem Platzen der Blase wieder verschwindet.
„Im Gegensatz zu der Meinung, dass die von der Fed auf der Suche nach Rendite ausgelöste Spekulation „Vermögen“ schaffen kann, hat die Geldpolitik wenig anderes bewirkt, als für Verwerfungen am Finanzmarkt zu sorgen und wiederholte Zyklen von Fehlinvestitionen und anschließenden Zusammenbrüchen zu fördern. Es ist töricht zu glauben, dass die künftige Verbrauchsnachfrage einer alternden Bevölkerung und das zukünftige Angebot (an Gütern und Dienstleistungen) einer Volkswirtschaft durch die Notenbanken gelöst werden kann, durch deren immer größere Käufe von riskanten Vermögenswerten und den „Helikopterabwurf“ von Kaufkraft, als ob Spekulation wirtschaftliche Produktivität erzeugen würde… Nein. Der einzige Weg, um die Lücke zu schließen, sind Maßnahmen, die produktive, reale Investitionen auf jeder Ebene der Wirtschaft fördern, anstatt sinnloser Finanzspekulation. Jeden Tag, an dem die Notenbanken diese falsche Hoffnung einer Papierlösung aufrecht erhalten, ist ein Tag, an dem die produktive Basis unserer Volkswirtschaft beschädigt wird.“
Wenn der aktuelle Zyklus abgeschlossen ist, wird im Nachhinein alles offensichtlich erscheinen. Schon sehr bald werden sich Investoren wundern, weshalb sie nicht die extremen Risiken des aktuellen Umfelds als ebenso offensichtlich angesehen haben."