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    ITALIEN/HINTERGRUND  618  0 Kommentare Nach der Abstimmung droht ein Schuldenkollaps

    BERLIN (dpa-AFX) - An diesem Sonntag wird es eng für den italienischen Regierungschef Matteo Renzi - und seine Amtskollegen aus anderen Euro-Ländern zittern mit ihm. Denn die Italiener stimmen nicht nur über eine Verfassungsänderung ab, mit der Parlaments-System und Regieren einfacher werden sollen. Das Referendum könnte angesichts der miserablen Wirtschaftslage auch zu einer Abrechnung mit Renzi werden und die drittgrößte, hochverschuldete Volkswirtschaft der Euro-Zone in eine Regierungskrise stürzen - mit wohl dramatischen Folgen. Schlittert Italien an den Rand der Staatspleite, droht eine Neuauflage der Staatsschuldenkrise samt Finanzmarktturbulenzen. Die Euro-Zone stünde vor ihrem härtesten Test - oder gar vor dem Aus.

    In Umfragen liegen die Gegner der Verfassungsänderung vorn. Bei einem "Nein" könnte Renzi seine Drohung wahr machen und abtreten. Dann wären Neuwahlen möglich mit einem Triumph der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung unter dem Ex-Komiker Beppe Grillo. Der stellt den Euro infrage. Das Wort "Italexit" geht um - nach dem EU-Austritt der Briten also der Austritt Italiens aus der Währungsunion.

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    Aber nicht nur Grillo könnte die Staatsschulden Italiens in neue Höhen treiben. Die liegen jetzt schon bei mehr als 130 Prozent der Wirtschaftsleistung und gehören zu den höchsten der Welt. Hinzu kommen angeschlagene Banken, die durch "faule" Kredite belastet sind. Die Risikoaufschläge auf italienische Staatsanleihen sind zuletzt gestiegen. Wenige Tage vor dem Referendum hat sich die Stimmung von Firmen und Verbrauchern nochmals eingetrübt, wie das Statistikamt Istat erst zu Wochenbeginn mitteilte.

    Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank , malt ein düsteres Szenario. Mehr Staatsschulden erhöhten die Risiken, was eine Flucht der Anleger und dadurch steigende Zinsen auf Staatsanleihen bedeute. "Dann bestünde ein beträchtliches Risiko, dass der Euroraum in eine "Staatsschuldenkrise 2.0" schlittert." Lange Zeit galt: Wenn ein Land aus dem Euro ausscheidet, dann am ehesten Griechenland. Doch das hat sich geändert. "Investoren schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Euro-Austritts für Italien derzeit am höchsten ein", sagt Manfred Hübner, Chef des Marktforschungsunternehmens Sentix.

    Unabhängig von Referendum warnt Stefan Mütze von Landesbank Helaba: Langfristig könne es ein "Weiter so" in Italien nicht geben. Der Chef des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, sieht Italien unter enormen Reformdruck: "In Griechenland, in Portugal, in Spanien hat sich ein bisschen was getan - mit Schmerzen. In Italien aber hat sich fast nichts getan, auch nicht beim Schuldenabbau". Das Land habe die Anpassungskrise noch vor sich. Und dies treffe Italien dann nach einer langen Phase ohne Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum. Die Regierung in Rom hatte Ende September die Wachstumserwartungen heruntergeschraubt und eine höhere Neuverschuldung angekündigt.

    "Sollte das Verfassungsreferendum scheitern, dann ist das ein Signal dafür, dass Italien sich nicht reformieren will", sagt Fuest. Aus seiner Sicht gibt es ein Erholungspotenzial in Italien. Aber das sei nicht ohne Anpassungen zu heben. "Die Euro-Krise ist überhaupt noch nicht überwunden, und sie wird zurückkommen", warnt Fuest, der auch dem Beraterkreis des Bundesfinanzministeriums angehört.

    Die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten hat den Druck auf den Euroraum erhöht. Anleger rechnen mit steigenden Staatsausgaben in den USA und daher mit einer steigenden Inflation und steigenden Zinsen. Einer der Nebeneffekte: Die Renditen vieler Staatspapieren rund um den Globus steigen - auch im Euroraum. "Es ist an den Märkten für Staatsanleihen etwas Ernstzunehmendes im Gange", warnt Christian Gattiker, Chefstratege des Schweizer Bankhauses Julius Bär . Die Europäische Zentralbank (EZB) betonte jüngst, die Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum hätten zugenommen.

    "Derzeit werden die Probleme noch durch die lockere Geldpolitik überdeckt", sagt Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt bei der DZ Bank. Damit könnte es bald ein Ende haben. An den Finanzmärkten wird bereits über einen Ausstieg der EZB aus ihren milliardenschweren Anleihekäufen diskutiert. Für Ökonomen ist klar: Sollte Italien Probleme bekommen, wäre eine Rettung nach dem Griechenland-Vorbild aufgrund der ungleich größeren Dimensionen kaum denkbar. Der italienische Anleihemarkt ist der größte aller Euroländer.

    Ein Euro-Austritt Italiens ist unter Ökonomen umstritten. Für Gianluca Salford von der Bank JP Morgan ist eine "Italexit"-Mehrheit im italienischen Parlament auch künftig unwahrscheinlich. Die Finanzmärkte würden die Politik schon rechtzeitig auf Linie bringen./tos/sl/DP/zb

    --- Von Tobias Schmidt, dpa-AFX und André Stahl, dpa ---




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