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     807  0 Kommentare Wolf Street: „Italiens Krise ist eine mehrköpfige Hydra“

    Vielen Investoren dämmert es zusehends, dass der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi das Verfassungsreferendum am kommenden Sonntag verlieren dürfte. Damit würden sich die Perspektiven gerade für den angeschlagenen Bankensektor weiter eintrüben. Der alternative US-Finanzblog Wolf Street zeigt auf, wie ernst die Probleme Italiens tatsächlich sind.

    Banges Warten bei den Aktionären und Anleihegläubigern der angeschlagenen italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena: Da die laufende Rekapitalisierung nicht besonders gut läuft, denkt das Institut angeblich über Staatshilfen nach. Die Bank braucht dringend Geld und hat deshalb Anleihegläubiger aufgefordert, im Rahmen des Rettungsplans nachrangige Anleihen im Volumen von 4,3 Mrd. Euro in Aktien umzuwandeln. Gleichzeitig soll eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden und faule Kredite verkauft werden. Sowohl das Institut als auch der italienische Finanzminister drängen die Anleihegläubiger bei dem Deal mitzumachen. Ihre Zurückhaltung ist allerdings mehr als verständlich, scheinen die Perspektiven als Aktionär doch nicht gerade rosig. Der Abschluss der Transaktion könnte sich daher noch eine ganze Weile hinziehen, zumal viele Investoren erst einmal das Verfassungsreferendum am Sonntag, 4. Dezember im Auge haben.

    Sorge wegen möglichen Austritt Italiens aus dem Euro kochen hoch

    Inzwischen gehen immer mehr Investoren davon aus, dass Ministerpräsident Matteo Renzi das Referendum verlieren dürfte. Mit ihm soll die Macht des Oberhauses deutlich beschränkt werden, vor allem indem die Zahl der Senatoren von 315 auf 100 verringert würde. Der Senat hätte damit nicht mehr die Möglichkeit, durch Vertrauensabstimmungen die Regierung zu Fall zu bringen. Bei einem Scheitern des Referendums dürfte eine Übergangsregierung gebildet werden, deren Hauptaufgabe es sein dürfte, im Frühjahr oder Sommer 2017 vorgezogene Neuwahlen durchzuführen. In dem Umfeld könnten sich die Sorgen über einen möglichen Austritt Italiens aus dem Euro verstärken. Die oppositionelle Bewegung MoVimento 5 Stelle (5 Sterne) des Kabarettisten Beppe Grillo, die in Umfragen ziemlich gleichauf mit Renzis demokratischer Partei liegt,  strebt ein Referendum über den Ausstieg Italiens aus dem Euro an. Der Euro ist aber ohne Italien kaum denkbar, ist das Land doch die drittgrößte Volkswirtschaft der Union, hinter Deutschland und Frankreich. Wegen dieser Sorge waren die Zinsen für italienische Anleihen in den vergangenen Monaten stark gestiegen.

    Italiens Wirtschaft schwächelt seit Jahren

    In dem unsicheren Umfeld trüben sich die Perspektiven für die Banken weiter ein, dabei ist der Branchenindex FTSE Italia All-Share Banks seit Jahresanfang um 50 Prozent gefallen und nähert sich damit den Mehrjahrestiefs. „Wie bei allen großen Krisen, ist auch Italiens derzeitige Zwangslage eine mehrköpfige Hydra. Es ist eine Bankenkrise, eine Wirtschaftskrise, eine Schuldenkrise und eine politische Krise und alles ineinander verschlungen und alles spitzt sich gleichzeitig zu“, schrieben die Analysten des alternativen US-Finanzblogs Wolf Street. „Die italienische Wirtschaft ist im Rückwärtsgang seit der Einführung des Euro vor 17 Jahren. Gegenüber 2007 ist die Wirtschaft um unglaubliche zehn Prozent geschrumpft. Gleichzeitig sind die Staatsschulden weiter gestiegen auf 135 Prozent derzeit – das ist das höchste Niveau in der Euro-Zone mit der Ausnahme von Griechenland.“ Und nun seien die Zinsen kräftig gestiegen. „Investoren machen sich aus zwei Gründen Sorgen: Der sehr wahrscheinlichen Niederlage der Regierung bei dem bevorstehenden Referendum und der schwelenden Bankenkrise“, so die Experten.

    Riesiger Bestand an faulen Krediten

    Italien habe bereits zwei „Bad Banks“ Atlante I und Atlante II gegründet, damit sie einen kleinen Teil der faulen Kredite der Institute übernehmen könnten. Zur Erinnerung: Die Banken haben faule Kredite von rund 360 Mrd. Euro. Das sind horrende 18 Prozent des gesamten Kreditvolumens. „Atlante I und II haben nicht einmal genug Feuerkraft, um die kleinen Banken, wie Veneto Banca, zu stabilisieren, ganz zu schweigen von Monte die Paschi oder der UniCredit, von denen jede zig Billionen an faulen Krediten in ihren Büchern hat“, so die Finanzprofis von Wolf Street. Dass Problem in Italien im Gegensatz zu etlichen anderen Ländern ist, dass die Banken viele der nachrangigen Anleihen an Privatkunden verkauft haben. Wenn sie an dem Umtausch der Papiere teilnehmen, erleiden die Privatkunden deutliche Verluste. „Das ist Renzis schlimmster Albtraum und der denkbar schlechtestmögliche Zeitpunkt.“ Denn der Umtausch bei Monte dei Paschi (MPS) laufe nur wenige Tage vor dem Referendum am 4. Dezember. Das Problem ist, dass wenn die Transaktion bei MPS scheitert, dass es dann zu einer verstärkten Ansteckung in dem Sektor kommt. „In einem solchen Fall können die Risiken einer Infektion nicht überschätzt werden. Dabei stehen viele andere italienische Banken vor den gleichen Problemen wie MPS“, schreiben die Experten von Wolf Street. „Italien befindet sich inmitten einer schwelenden Bankenkrise.“





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