Marktkommentar
Igor de Maack (DNCA): Wöchentlicher Kommentar zu den Märkten (5. Dezember 2016)
Brexit, Italien, US-Wahl: Anleger sollten die Ängste, die die Urnengänge dieses Jahres gebracht haben, für sich nutzen, meint Igor de Maack.
Die Umfragen hatten es schon ahnen lassen: Matteo Renzis Vorschlag, die Rolle des Senats neu zuzuschneiden, wurde von den Italienern abgelehnt. Nach dem Rücktritt des Premiers ist dieses Ergebnis der Auftakt zu einer Periode der Ungewissheit, wie sie in der italienischen Politik öfter mal vorkommt.
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Vorgezogene Wahlen dürften vor Ende 2018 angesetzt werden, wobei jedoch längst nicht ausgemacht ist, dass die populistische Fünf-Sterne-Bewegung eine Regierungsmehrheit erreicht. Überdies müsste
auch über den Austritt aus dem Euroraum, so dieser eines Tages im Raum stehen sollte, erst einmal das Volk per Referendum entscheiden.
Das griechische Beispiel zeigt, dass die Aussicht auf einen Euro-Exit die Wähler nicht unbedingt überzeugt. Die Auswirkungen auf die Zinsen italienischer Staatsanleihen halten sich bislang in
Grenzen. So hat sich der Risikoaufschlag gegenüber Bundesanleihen auf der Höhe von 170 Basispunkten stabilisiert. Dabei fällt jedoch auf, dass zehnjährige italienische Staatspapiere eine Rendite
von rund 2,0 % aufweisen, während diese bei zehnjährigen US-Treasuries bei 2,4 % liegt – eine paradoxe Situation für all jene, die behaupten, Italien stehe vor dem Abgrund.
Die Rekapitalisierung des italienischen Bankensystems wird durch diese chronische politische Instabilität zwar deutlich erschwert, doch die von der Eurozone und der Bankenunion geschaffenen
Rettungsmechanismen erlauben zumindest die Skizzierung einer Lösung, wie sie vor der Krise 2011 noch nicht möglich gewesen wäre.
Das „No“ beim Referendum bedeutet noch lange keinen Abschied Italiens von der Währungsgemeinschaft. An den Märkten haben die entscheidenden Urnengänge überdimensionierte Ängste geschürt, die es
auszunutzen gilt.
Nach jedem dieser drei politischen ‚Schocks‘ (Brexit, Donald Trump und nun das italienische Referendum) wird die Wirtschaft schnell wieder die Oberhand gewinnen und ihre Gesetze durchsetzen. Noch
befindet sich die europäische Konjunktur weiter im Aufwind, getragen von einer nunmehr stabilen Nachfrage, weiterhin niedrigen Kreditkosten und einem schwachen Euro. Für Prognosen für 2017 ist es
noch zu früh, doch im Hinblick auf die Volatilitätsereignisse spricht einiges für eine taktische Aufstockung der Anlageklassen, die in jüngster Zeit am schmählichsten vernachlässigt wurden – etwa
europäische Value-Aktien.