Referenden - Demokratie
Volksabstimmungen - Ein Werkzeug von Diktatoren?
Ja / Nein… Schwarz / Weiß… Doch so einfach ist die Welt nicht. Nicht jedes Problem lässt sich auf ein entweder… oder… reduzieren. Doch genau das verlangen Volksabstimmungen, die der englische Bestseller-Autor Robert Harris als „Werkzeug von Diktatoren“ bezeichnet: „Sie brechen Probleme auf ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ herunter. Und so ist das Leben nicht“, sagt der Schriftsteller der Beilage Christ & Welt der Wochenzeitung „Die Zeit“.
Neuwahlen als Absicherung gefordert
Vor dem Hintergrund des Brexit-Referendums über den EU-Ausstieg Großbritanniens sagt Harris, der einer der profiliertesten Polit-Thriller-Autoren der Gegenwart ist: „Momentan will man 50 Jahre Außenpolitik auflösen – auf der Basis einer weniger als vier Prozent großen Mehrheit bei einem Referendum!“
Um das Ergebnis abzusichern, brauche es deshalb Neuwahlen in Großbritannien: „Die Premierministerin hat momentan keine Autorität. Sie drückt eine Politik durch, die das Gegenteil dessen ist, wofür David Cameron zuvor gewählt wurde. So kann es nicht weitergehen“, so Harris. Wenn ein neues Unterhaus gewählt werde und eine Regierung daraus hervorgehe, die klar sage: „Wir werden den Brexit umsetzen“, dann würde Harris den Brexit akzeptieren. „Dann wäre das Ergebnis doppelt abgesichert: durch eine Volksabstimmung und einen konstitutionellen Mechanismus.“
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Axt der unzulässigen Vereinfachung
Als Mandat für eine bestimmte politische Auffassung sei das Brexit-Referendum nicht zu sehen, da die Briten inhaltlich für viele verschiedene Dinge gestimmt hätten. Plebiszite in repräsentative
Demokratien zu importieren hält Harris deshalb für eine unzulässige Vereinfachung. In Großbritannien hätten Männer und Frauen, die als Parlamentarier nach ihrem Gewissen abstimmen, gute Dienste
geleistet: „Die Gewalt war sehr gut und gerecht aufgeteilt. Daran ist jetzt die Axt angelegt worden. Die Konsequenzen treffen das Gewebe unserer Verfassung – und die Natur des Vertrauens in unsere
Demokratie.“