ETF Securities – Wöchentlicher Rohstoffüberblick
Rohöl: Die höchsten Abflüsse in einer Woche seit sechs Jahren
Bei Rohöl-ETPs (A1N49P) erreichten die Abflüsse Niveaus wie zuletzt im August 2010, da die Anleger nach einem 15%-igen Preisanstieg Gewinne mitnahmen. Aus Long-Rohöl-ETPs wurden insgesamt 126 Mio. USD abgezogen. Grund hierfür war die Einigung der OPEC, zum ersten Mal seit acht Jahren die Förderung zurückzufahren, was zu einer euphorischen Reaktion auf dem Markt führte. Blickt man jedoch auf die Details, sieht man, dass die OPEC, anders als die Überschrift vermuten lässt, keineswegs eine Senkung um 1,2 Mio. Barrel vereinbart hat. Die Zahlen, die der Kürzung zugrunde liegen, beruhen nicht auf der Förderleistung vom Oktober, sondern wurden aufgebläht. Die Schwachstelle der Vereinbarung besteht darin, dass Nigeria und Libyen ausgenommen sind und Indonesien seine Förderung erst später einschränken muss, diese Länder aber trotzdem in das Förderziel einbezogen wurden. Das Förderziel hängt außerdem davon ab, dass die Nicht-OPEC-Länder ihre Förderung um 0,6 Mio Barrel pro Tag absenken, was wir für äußerst ambitioniert halten. „Die ETP-Anleger haben Gewinne mitgenommen, denn sobald der Markt das Kleingedruckte bewertet, dürfte sich Enttäuschung breit machen“, meint Jan-Hendrick Hein, Associate Director – Head of German Speaking Regions von ETF Securities.
Da eine Zinsanhebung der Fed im Dezember droht, beschleunigten sich die Abflüsse aus Gold-ETPs (A0N62G) mit 274 Mio. USD auf den höchsten Stand seit Juli 2015. Eine Reihe erfreulicher Konjunkturdaten aus den USA, zum Beispiel die Aufwärtskorrekur des BIP, der Anstieg des Verbrauchervertrauens, das Fünfmonatshoch des ISM-Einkaufsmanagerindexes für das verarbeitende Gewerbe und die positiven Arbeitsmarktzahlen, machen die Zinsanhebung im Dezember zu einer fast sicheren Angelegenheit. Da sich Gold im Verhältnis zu den Realzinsen invers entwickelt, ging der Goldpreis um 0,5 % zurück, da die Anleger ihre Long-Positionen abstießen. Wir fürchten jedoch, dass viele Anleger auf dem Holzweg sind. Da die bisher schwachen Rohstoffpreise aus dem Index fallen und die vom Markt enthusiastisch geforderten Konjunkturmaßnahmen die Preise steigen lassen, wird die Inflation 2017 wohl anschwellen. „Wahrscheinlich wird sich die konservative Fed weiterhin sträuben, die Zinsen zu rasch anzuheben, um den sich aus diesen Faktoren ergebenden Druck zu mindern. Die Folge sind niedrige Realzinsen. Ferner lässt der Ausgang des italienischen Verfassungsreferendums ein Überhandnehmen der politischen Instabilität erkennen. Wir rechnen folglich damit, dass die Nachfrage nach sicheren Werten wieder zunimmt, wenn die US-zentrische Anlegerwelt die Veränderungen in Europa in den Blick nimmt“, so Hein.
Das Pfund Sterling stieg gegenüber dem Euro um 1,3 %, was zu Gewinnmitnahmen im Wert von 11,9 Mio. USD führte. Der Markt hofft auf
einen „weicheren“ Brexit, was zur Erholung der britischen Währung auf ein Zwölfmonatshoch beitrug. Zuvor hatte der britische Brexit-Minister den möglichen Zugang zum europäischen Binnenmarkt für
Gegenleistungen zur Diskussion gestellt. In dieser Woche findet vor dem obersten britischen Gericht die Anhörung für die Entscheidung statt, ob die britische Regierung Artikel 50 ohne
parlamentarische Zustimmung anwenden darf. „Obgleich das Urteil wahrscheinlich nicht vor dem neuen Jahr fällt, könnte die Unsicherheit über das Bestehen der vorinstanzlichen Entscheidung eine
weitere Quelle für Volatilität sein“, sagt Hein.
Dass Rohstoff-ETPs (A1CXBV) in der zweiten Woche in Folge Zuflüsse verzeichneten, unterstreicht den Wunsch nach Diversifizierung. „Während die Anleger bei jedem Preisanstieg von Metallen und Rohöl Gewinne mitnahmen, hoben sie ihre Positionen in Rohstoffkörben an, und zwar im Wert von 51,2 Mio. USD“, bemerkt Hein.
Wichtige Ereignisse in der nächsten Woche. Die EZB kündigt auf der Sitzung in dieser Woche womöglich eine Verlängerung ihres QE-Programms über März hinaus an. „Wie es dem weltgrößten Rohstoffabnehmer China ergeht, wird man in dieser Woche anhand der Einkaufsmanagerindizes, der Währungsreserven und der Außenhandels- und Kreditdaten beurteilen können“, sagte Hein.