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     2620  1 Kommentar Oh, das Jahr mit der 7

    Es sind schon verrückte Zeiten, in denen wir leben. Wer seine Ersparnisse nicht in Einlagenform hält oder in idiotische Lebensversicherungen gesteckt hat, sondern breit gestreut investiert, wird zwangsläufig jedes Jahr reicher.

     

    Es ist schon beinahe gespenstisch, ich selbst habe im letzten Jahr trotz hoher Cashquote 10 % plus gemacht. Bei einem Dax von 7 % und Gold 9 respektive 12 %. Dieses Mal lief alles und die Rohstoffaktien mit plus 38 % besonders gut. Aber irgend etwas läuft immer, und meistens mit höherem Prozentsatz als das, was nicht nicht läuft.

     

    Und da die Zuwächse der Reichen stets weit größer sind als diejenigen der kleinen Vermögen, wird der Abstand immer größer. Die Reichen werden immer reicher. Weil deren Gewinne jedoch oft auf dem Buckel der Kleinen ausgetragen werden, werden spiegelbildlich die Armen immer ärmer.

     

    Doch es gibt auch Einschnitte. Jetzt kommt wieder ein Jahr mit einer 7. Beim letzten Jahr mit einer 7 haben wir gerade Anlauf genommen auf die große Finanzkrise. Und durch Zufall begegnet mir plötzlich ein Jahr mit gleich zwei 7en.

     

    Ein Freund erzählt mir von Schillers Ballade „Der Ring des Polykrates“, geschrieben 1797. Doch wenig ist wohl gegenwärtig aktueller als diese Geschichte:

     

    Polykratis, der Tyrann der Insel Samos, rühmt sich seines Glückes und wird deshalb von einem besorgten Freund immer wieder gewarnt. Doch kaum sind dessen Warnungen ausgesprochen, erweisen sie sich auch schon als gegenstandslos. Alles läuft, das Glück bleibt ihm hold.

     

    Doch irgendwann wird selbst Polykratis zweifelnd und wirft auf Rat des Freundes den ihm teuersten Schatz, seinen Lieblingsring, als Opfer für die Götter ins Meer. Am nächsten Tag soll ein großes Fest stattfinden, doch dabei stellt sich heraus, dass der dafür gefangene Fisch den Ring im Magen hat. Er ist also zu Polykrates zurückgekehrt.

     

    Und der Schluss gehört dann schon fast schon zur Allgemeinbildung: „Hier wendet sich der Gast mit Grausen“, und: „So kann ich hier nicht ferner hausen, mein Freund kannst du nicht weiter sein. Die Götter wollen dein Verderben.“

     

    Tja, heißt das nun etwas? Ich weiß es nicht. Aber daran denken kann man immerhin.

     

     

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    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Oh, das Jahr mit der 7 Vom zwangsläufigen Reichwerden

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