Kommt das große Fressen und Gefressenwerden in der Konsumgüterbranche?
US-Lebensmittelriese Kraft Heinz (WKN: A14TU4 / ISIN: US5007541064) hat sein Übernahmeangebot für den britisch-niederländischen Konsumgütergiganten Unilever (WKN: A0JMZB / ISIN: NL0000009355) wieder zurückgezogen. Es ist schwer zu sagen, ob der Deal damit endgültig geplatzt ist. Aber vielleicht hat Kraft ja einen Plan B. Wenn die Antilope dem Löwen entkommen ist, klappt es eben beim Gnu oder beim Büffel.
In der Konsumwelt wurden schlafende Hunde geweckt
Ich glaube nämlich, dass trotz des gescheiterten Übernahmeversuchs die Jagdsaison in der Konsumbranche eröffnet ist. Man hat Blut geleckt. Die Meute wittert fette Beute. Denn die Konsumunternehmen sind hoch attraktiv. Sie sind unverzichtbare Versorger, sie befriedigen menschliche Grundbedürfnisse. Jeder von uns muss essen und trinken, sich kleiden. Und bei der Erfüllung dieser Bedürfnisse greifen Konsumenten weltweit immer mehr bei Markenprodukten zu. Bei diesem Durchmarsch der Marken leistet auch die Fernseh-, Online- und Printwerbung knallharte Überzeugungsarbeit. Alle Welt glaubt doch mittlerweile, dass Premium-Tütensuppen besser als No Name-Ware schmecken. Und nur Markenwaschmittel – das wusste damals schon Klementine – entfernen eben auch den hartnäckigsten Schmutz. Vergessen wir bitte auch nicht den Demonstrationseffekt, der sich mit Markenprodukten erzielen lässt. Oder servieren Sie Ihrem Besuch etwa noch Kranenwasser statt Pellegrino oder Gerolsteiner? Passen Sie auf, die Gäste könnten nie mehr wiederkommen. Und wer sich traut, mit 08/15-Turnschuhen statt denen mit Nike Swoosh oder drei Streifen zu laufen, der joggt allein. Ohne Marken ist man heute in seiner Wohngegend ähnlich geächtet wie Robin Hood, der gezwungen war, sich im Nottingham Forest zu verstecken. Nicht umsonst haben sich selbst Aldi, Lidl und Co. diese teuren Produkte in die Regale geholt.
„Am Rande“ sollte erwähnt werden, dass die Margen von Markenprodukten deutlich höher als die von Billigheimern sind. Insgesamt ist das Interesse von Konsumgüterherstellern an Markenprodukten also mehr als verständlich.
Das Übernahmefieber unter den Konsumversorgern hat viele Gründe
Ein Gut als hochwertig zu stilisieren, kostet jedoch viel Zeit und Geld. Nicht umsonst fallen Marketingbudgets so enorm hoch aus.
Liegt da nicht der Schluss für viele Markenunternehmen nahe, sich andere Markenfirmen ohne eigenen Aufwand unter den Nagel zu reißen? Zunächst geht es darum, die eigene Produktpalette zu erweitern: Wer smarte Butterkekse liebt, ist vermutlich auch ein Freund von Schokolade. Ein wichtiges Übernahmeargument dabei ist ebenso die Produktergänzung: Wer Keksriegel mag, will die Kariesgefahr vielleicht auch mit Qualitäts-Zahnpasta bekämpfen. Und natürlich muss man als Markenproduzent geographisch breit aufgestellt sein. Die Produkte müssen zu Welthits werden. Grundsätzlich haben die Konkurrenz auffressenden Markenkonzerne ihre Kosten besser im Griff: Wer mehr produziert und weltweit verkauft, hat Größenvorteile und nutzt seine Vertriebswege effizienter.