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Bank of England sieht vor Neuwahlen von Straffung der Geldpolitik ab
LONDON (dpa-AFX) - Knapp einen Monat vor den Parlamentswahlen in Großbritannien hält die britische Notenbank unverändert an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Der Leitzins bleibe weiterhin auf dem historischen Tief von 0,25 Prozent, teilte die Bank of England (BoE) am Donnerstag in London mit. Die Entscheidung fiel mit einer Gegenstimme. Die Währungshüter stellten unterdessen eine mögliche künftige Straffung in Aussicht.
Die Entscheidungen waren von Volkswirten erwartet worden. Kurz vor den vorgezogenen Parlamentswahlen am 8. Juni galt eine Veränderung des geldpolitischen Kurses als sehr unwahrscheinlich. Auch das Volumen der Wertpapierkäufe zur Konjunkturstützung ließ die BoE am Donnerstag wie erwartet unverändert bei 435 Milliarden Pfund. Das britische Pfund fiel nach den Entscheidungen auf ein Tagestief von 1,2873 US-Dollar.
BOE STELLT KÜNFTIGE STRAFFUNG IN AUSSICHT
Allerdings stellte die Notenbank auch einen möglichen künftigen Straffungskurs in Aussicht. Wenn die Wirtschaft wie erwartet wachse, dann müsse die Geldpolitik etwas stärker gestrafft werden, als an den Finanzmärkten erwartet werde, hieß es von der BoE. An den Märkten wurde zuletzt bis Ende 2019 nur eine Leitzinsanhebung eingepreist. Inzwischen sind die Erwartungen aber etwas höher.
Die Entscheidung zur Beibehaltung des Leitzinses fiel am Donnerstag nicht einstimmig. Wie bereits bei der vorangegangenen Sitzung im März hat Kristin Forbes als einziges Mitglied im Offenmarktausschuss für eine Zinserhöhung gestimmt. Experten hatten zuvor spekuliert, auch das BoE-Mitglied Michael Saunders könnte dieses Mal für eine Anhebung stimmen, was jedoch ausblieb. Alle stimmberechtigten Mitglieder waren dafür, das Volumen der Anleihekäufe unverändert zu lassen.
NOTENBANK VOR BREXIT-DILEMMA
Normalerweise hat der Offenmarktausschuss der BoE neun Mitglieder. An der aktuellen Entscheidung waren aber nur acht Mitglieder beteiligt, da es bislang noch keinen Nachfolger für die ehemalige BoE-Vizechefin Charlotte Hogg gibt, die ihren Posten Mitte März nach nur wenigen Tagen im Amt räumen musste. Grund für den Rücktritts war Kritik eines Parlamentsausschusses, der bemängelte, Hogg habe nicht offengelegt, dass ihr Bruder in einer höheren Position bei der von der Notenbank beaufsichtigten Geschäftsbank Barclays arbeitet.
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Auf das derzeitige Niveau hatte die Notenbank ihren Leitzins kurz nach dem Brexit-Votum vom vergangenen Sommer reduziert. Ausschlaggebend waren Sorgen um die britische Wirtschaft, die das Votum jedoch bislang besser verkraftet hat als viele Ökonomen erwartet hatten. Zuletzt gab es allerdings Zeichen der Schwäche. Zahlen vom Donnerstag zufolge ist die britische Industrieproduktion im März den dritten Monat in Folge gesunken. Insgesamt hat die britische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres deutlich an Fahrt verloren.
Die britische Notenbank steht vor einem Dilemma. Einerseits hat sie ein Interesse daran, die lockere Geldpolitik auch in Zukunft unverändert fortzusetzen, um die britische Wirtschaft vor möglichen negativen Folgen des anstehenden Brexits zu schützen. Andererseits ist die Inflation inzwischen auf 2,3 Prozent gestiegen, was unter anderem auf das seit dem Brexit-Votum deutlich geschwächte Pfund zurückzuführen ist. Durch eine straffere Geldpolitik können Notenbanken grundsätzlich gegen eine zu starke Inflation ankämpfen./tos/bgf/fbr