Wann schlagen die Leitzinsen auf den Arbeitsmarkt durch?
Der Handelsauftakt an den Börsen war gestern extrem langweilig. Denn die Volatilität war sehr gering und die Handelsspannen ziemlich eng.
Wann schlagen die Leitzinsen auf den Arbeitsmarkt durch?
von Sven Weisenhaus
Der Handelsauftakt an den Börsen war gestern extrem langweilig. Denn die Volatilität war sehr gering und die Handelsspannen ziemlich eng. Man musste bis 14:30 Uhr warten, dann kam deutlich mehr Schwung in den Handel. Grund dafür waren – wie so häufig – frische Konjunkturdaten aus den USA.
US-Wirtschaft präsentiert sich erneut robust
Überrascht hat die deutliche Aufwärtsrevision des Bruttoninlandsprodukts (BIP). Statt des ursprünglich gemeldeten Anstiegs der Wirtschaftsleistung im 1. Quartal 2023 um (annualisiert) 1,1 % zum Vorquartal (siehe „Rutscht die Wirtschaft im zweiten Halbjahr in eine Rezession?“), wurde nun ein Plus von 2,0 % gemeldet. Analysten hatten dagegen mit +1,4 % gerechnet.
Damit erleben die USA eine weit weniger bremsende Wirkung durch die Geldpolitik der Notenbanken als bislang erwartet. Und das könnte auch im noch laufenden 2. Quartal der Fall sein. Denn der GDPNow“-Indikator der Federal Reserve Bank of Atlanta deutet auf der Grundlage bereits verfügbarer Wirtschaftsdaten mit Stand von Dienstag dieser Woche auf ein Wachstum von 1,8 % hin.
(Quelle: atlantafed.org)
Auch der US-Arbeitsmarkt zeigt weiterhin keinerlei Anzeichen von Schwäche. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gaben gestern auf 239.000 nach, von 265.000 vor einer Woche. Und sie blieben damit vollkommen unauffällig.
(Quelle: dol.gov)
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Durch den aktuellen Rückgang auf wieder unter 250.000 hat sich auch der zuletzt erkennbare Aufwärtstrend vorerst nicht fortgesetzt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an meine Analyse vom 11. Mai: „Steigt die Arbeitslosigkeit, fallen die Aktienkurse“. Darin war zu lesen, dass es erst mit einem Überschreiten der kritischen Marke von 270.000 für die Aktienmärkte problematisch werden könnte, da diese als Kipp-Punkt gilt, der eine Verschlechterung des Arbeitsmarkts signalisiert.
Die zweite Seite der Medaille
Das alles sind aktuell sehr positive Nachrichten für den Aktienmarkt. Aber auch diese Medaille hat zwei Seiten. Und die andere ist, dass die US-Notenbank nicht locker lassen wird, bis sie den angespannten Arbeitsmarkt soweit hat, dass er nicht mehr als zusätzlicher Inflationstreiber gilt. Einen Anstieg der Arbeitslosigkeit nimmt die Federal Reserve (Fed) also nicht nur in Kauf, sie arbeitet mit ihrer Geldpolitik sogar darauf hin.