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     985  3 Kommentare Zu Israel lieber schweigen

    Momentan sind harte Zeiten für Menschen, die gerne sagen, was sie denken und empfinden.

    Die Kralle der vorgeschriebenen Korrektheit greift heute so brutal zu, wie es das vorher in der Bundesrepublik noch niemals gegeben hat. Was derzeit ist, stellt sogar die Flüchtlingskrise und Corona noch weit in den Schatten. Denn ein falsches Wort zu Israel, und schwupps ist man weg.

     

    Und ich muss zugeben, selbst enorm verunsichert zu sein. Ich dachte zwar immer, so einigermaßen Bescheid zu wissen über dieses Land und seine Bewohner, doch wenn man heute nur marginal am vorgegebenen Ziel vorbei trifft, wird man sofort einen Kopf kürzer gemacht.

     

    Ich denke da nur an den Fall von Richard David Precht, der ja nun wirklich ein Liberaler und ganz bestimmt kein Antisemit ist. Doch als er dann das gesagt hat, was ich selbst auch immer gedacht habe, und was meiner Meinung nach vor dem Eklat auch in der Presse so berichtet worden ist, wird er vielleicht nach dem Verlust seiner Honorarprofessur sogar mit seiner gesamten Karriere am Ende sein.

     

    Sind wir eigentlich alle noch ganz bei Trost?

     

    Mein Eindruck ist, dass es gegenwärtig im Grunde genommen beinahe unmöglich ist, nicht als Antisemit bezeichnet zu werden, wenn man als Antisemit bezeichnet werden soll, denn egal was man sagt, es kann immer falsch ausgelegt werden.

     

    Wenn ich sage, Israel und die Israelis sind ein ganz besonderes Land und ganz besonderes Volk, dann bin ich ein Antisemit, weil ich damit Stereotype über das Judentum verbreite.

     

    Sage ich hingegen, Israel und die Israelis sind kein besonderes Land und kein besonderes Volk, dann bin ich auch ein Antisemit, weil ich die Historie verkenne und damit implizit den Holocaust leugne.

     

    Also was nun? Ich habe keine Ahnung. Am besten schweigt man also.

     

    Ich werde daher wohl auch an Weihnachten nicht den schönen Witz von der jüdischen Mutter und den zwei Krawatten erzählen dürfen, den ich in einem Buch von Paul Watzlawick gefunden habe, diesem alten Frauenverachter und Antisemiten.

     

    Und selbst sich auf den Boden zu werfen und um Vergebung zu bitten, würde heute nichts mehr helfen, denn das könnte ja bedeuten, innerlich Partei ergriffen zu haben für die Feinde Israels, die das täglich mit ihren Gebetsteppichen exerzieren.

     

    Und dass meine Kolumne jetzt schon so viele Absätze lang ist und ich immer noch kein Wort über die Gräueltaten der Hamas geschrieben habe, zeigt natürlich, welch übler Antisemit ich bin, oder?

     

    Manche Dinge sind dann sogar noch mehr zum Verzweifeln. Denn da will die Zeitung Welt doch tatsächlich die Menschen aufklären, was ich gut finde, und bringt einen Artikel ihres Korrespondenten Hannes Stein, zu dem es heißt:

     

    Auf den Straßen von Neukölln oder auf Sendung mit Richard David Precht: Über das Judentum sind vor allem Klischees im Umlauf. Viele sind böswillig, andere bloß Ausweis von Unwissen. Ein Crashkurs in acht Minuten.“

     

    Dieser Crashkurs hat nur einen Fehler. Ihn können nämlich nur diejenigen lesen, die auch ein Abonnement dieser Zeitung besitzen.

     

    Wer das nicht hat, muss also weiter Antisemit bleiben. Vor allem ein Antisemit, ohne das zu wissen und ohne überhaupt irgendetwas gegen Israel oder seine Bewohner zu haben.

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Zu Israel lieber schweigen Die Keule des Antisemitismus wird viel zu oft geschwungen.

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    Kommentare

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    06.11.23 07:48:03
    Sehr geehrter Herr Niquet,

    danke für die Antwort auf meinen Kommentar.

    Tja Blöd und Konsorten (auch Faz und SZ) haben Bürger, welche 2015 Bedenken hatten (und zu Recht wie man jetzt konstatieren kann)zu rechten Nazis stillisiert und sozial und gesellschaftlich geächtet und das obwohl Pegida Demos friedlich verlaufen sind im Gegensatz zu manchen Demos der "Friedensreligion" ...

    Es ist aber so, dass anscheinend viele Bürger einen gesünderen Menschenverstand haben als die Leute die im Bundestag angeblich die Bürger vertreten.

    Keine Sorge das nächste Mal wird es genauso laufen, man braucht nur eine agressive Minderheit die ihre Meinung als die Meinung der Mehrheit ausgibt, laut genug brüllt ohne Argumente und die Unterstützung der Medien (das dem nicht so ist sieht man jetzt schön an den Kinokassen wo divers / woke Filme reihenweise floppen und das ist gut so).
    Go woke - go broke schön langsam merkt man dies sogar in Hollywood.

    Mal sehen wie lange panem und circenses das noch kaschieren ... die Menschen wenden sich immer mehr von den Medien und Erziehungsfernsehen wie den Tatort ab, wo immer nur der reiche Unternehmer der Täter ist und reich ist er natürlich nur geworden da krimminell und nicht weil er 60 Stunden plus X arbeitet und im Gegensatz zu den Goldstücken dieses Land wirklich voranbring.

    Dekadenz ist ein schönes Hobby wenn man es sich leisten kann fragt sich nur wie lange noch.

    Dafür sind wir ja so bunt, tolerant, divers etc. und brauchen dringend mehr Gesetze um der Bevölkerung dies aufzuoktroyieren.


    Was besonders ärgerlich ist auf wem das Augenmerk der Politik und Medien liegt .. leider nicht auf der alleinerziehenden deutschen Frau die 40 Stunden arbeitet und nebenbei alleine zwei Kinder zu erziehen hat und Steueren zahlt, so eine Dame ist der deutschen Politik nicht wichtig.
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    30.10.23 05:00:19
    Sehr geehrter kosto1234,

    ich danke für Ihren interessanten kommentar.

    Gerade habe ich auf das Manifest der BILD-Zeitung zurückgeschrieben:

    ich finde das ja eigentlich gut, dass Sie so eine Kampagne starten, ich sehe darin jedoch einen großen FEHLER.

    Und dieser Fehler ist, dass Sie sich selbst gegenüber ein blinder Fleck sind. Ich finde, Sie sollten jetzt nicht öffentlich herumweinen, sondern Ihre beiden Hände benutzen.

    Die eine, um sich an die eigene Nase zu fassen, da Sie doch durch Ihre Unterstützung von Frau Merkel und Teilen von deren Nachfolgern mitschuldig an der gegenwärtigen Situation sind, dass unser Land mit Israel hassenden Zuwanderern überschwemmt ist.

    Und die andere Hand sollten Sie benutzen, um sich bei Pegida zu entschuldigen und denen die Hand zur Versöhnung zu reichen, die das, was jetzt bei uns los ist, immer vorhergesagt haben. Denn nur mit innerem Frieden und innerer Eintracht können wir überhaupt weiterkommen.
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    29.10.23 16:01:11
    Kritik an den Methoden Isareals ist kein Antisemitismus per se, sondern erst mal Kritik.
    Und wie Otte Wels (SPD) in seiner letzten freien Rede im Reichstag zum Ermächtigungsgesetz sagte "Kritik ist notwendig und heilsam" und Wels war sicher kein Nazi oder heutzutage vielleicht doch?
    Da kann man schon ins Zweifeln kommen.
    Vor allem da sich die Goldstücke doch nicht so offen, bunt und tolerant anderen Religionen / Schwulen / Frauen / jüdsichen Mitbürgern gegenüber.
    Das sind ja alles nur Einzelfälle (wie die Übergriffe und Probleme nach 2015), also wozu die Aufregung jetzt?

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