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     141  0 Kommentare Häuser, Aktien und Zinsen 2024 in völlig anderem Terrain

    Immobilien wechselten 2023 so selten den Besitzer wie seit Jahren nicht mehr. Dafür konnten sich Anleger über nominal sehr hohe Zinsen freuen. 2024 wird sich finanziell vieles neu sortieren.

    Wer für 2024 eine Erwartungshaltung für den Aktienmarkt haben möchte, der findet bei Bedarf einen sehr großen Konsens. Anders als zum Jahresbeginn 2023 sind die meisten Analysten großer Investmentbanken gut gelaunt und auch bei der Erwartung gibt es eine Art Fahrplan, auf den sich viele einigen wollen. „Die Zinsen sollen 2024 im geordneten Maß zurückgehen, die Unternehmensgewinne stabil bleiben und eine Rezession in den USA ausbleiben“, fasst Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die Wunschvorstellung vieler Experten zusammen. Die Krux daran ist, dass es in Sachen Zinssenkung ein riesengroßes Aber gibt, dessen man sich klar sein sollte. „Zinssenkungen sind nur dann gut, wenn sie aus einer Position der Stärke resultieren. Senken die Notenbanken, weil die Inflation nach Plan sinkt, ist es gut. Müssen die Zinsen wegen wirtschaftlicher Schwäche runter, ist es schlecht“, so der RoboMarkets-Experte.

    Die Investmentbank JP Morgan geht noch einen Schritt weiter und veröffentlicht jährlich zum Jahresstart zehn Thesen zu Börse und Wirtschaft. Hinhören sollte man schon deshalb, weil JP als größte Bank der Welt entsprechendes Gewicht hat. Los geht es mit kleineren Bedenken. Denn auch wenn der Marktkonsens für das neue Jahr zu einer „weichen Landung“ der Wirtschaft tendiert, ist Kapitalmarktstratege Tilmann Galler von J.P. Morgan Asset Management für 2024 etwas weniger optimistisch. „Wir sind der Meinung, dass es für die Zentralbanken zu früh ist, einen nachhaltigen Sieg über die Inflation zu verkünden.

    Trotz Zinssenkungen wird es im Jahr 2024 wahrscheinlich nicht gelingen, eine wirtschaftliche Schwächephase zu verhindern“, so sein Ausblick für das kommende Jahr. Obwohl für das endende Jahr 2023 ein schwieriges Konjunkturumfeld erwartet wurde, ist die US-Wirtschaft sogar über Trend gewachsen. Eine fortlaufende Bilanzreduktion der Zentralbanken sowie geringeres Wachstum könnten 2024 aber sogar zu einer Rezession führen. Auch bei den Zinsen ist JP eher auf Seite derer, die Richtung Schwäche blicken. „Dass in den USA mehr als fünf Zinssenkungen eingepreist sind“, zeugt nicht unbedingt von Vertrauen in die Konjunktur so Experte Molnar. „Üblicherweise gehen geldpolitische Straffungen mit einer Rezession einher“, findet Stefan Riße von der Fondsgesellschaft Acatis.

    Spannend ist für Anleger stets auch die Frage, ob man Cash halten sollte. Dazu rechnet JP nüchtern vor, dass Cash gerade für die langfristige Anlage wenig Mehrwert bietet: Seit 1900 wäre ein US-Dollar mit einem Geldmarktinvestment nach Inflation gerade einmal auf 1,70 US-Dollar angewachsen. Bei US-Anleihen wären es über den gleichen Zeitraum immerhin neun US-Dollar. Die mit Abstand beste Wertentwicklung auf realer Basis gehört der Aktie. Aus einem US-Dollar als Investment im Jahre 1900 wären heute real 2.600 US-Dollar geworden.

    Ein Problem könnte sich für 2024 von Seiten der Firmen ergeben. Denn 2023 waren die nach oben korrigierten Gewinnerwartungen einer der Performancetreiber für den Aktienmarkt. Wenn sich der zyklische Rückenwind 2024 aber zumindest teilweise umkehrt, können die Unternehmen die steigenden Kosten für Energie, Vorleistungsgüter und Arbeitskräfte nicht mehr wie bisher weitergeben“, dämpft der Experte die Erwartung und geht davon aus, dass die Gewinnerwartungen für das nächste Jahr gesenkt werden sollten.

    Deshalb klingt auch logisch, was Experte Risse bestätigt: „Zu Jahresbeginn liegen die Bewertungskennzahlen der großen Aktienmärkte in den USA leicht über dem Durchschnitt. In den Bewertungen sind aber optimistische Annahmen über das Gewinnwachstum der nächsten 12 Monate drin“. Das Problem – gerade verschuldete Firmen aus dem Tech-Bereich sind nicht mehr günstig, im Gegenteil.

    Bleibt zuletzt das größte Ereignis 2024 – die US-Wahl. Nicht zuletzt aufgrund des „Superwahljahres“ 2024, in dem in zahlreichen Ländern rund um den Globus gewählt wird, erwartet JP Morgan Marktschwankungen. Gerade im Zusammenhang mit den aktuellen geopolitischen Unsicherheiten wird die Volatilität hoch sein. Dazu muss man sagen, dass „2023 auch extrem volatilitätsarm war“, so Jürgen Molnar, dessen Kunden bei RoboMarkets hohe Volatilitäten gerade auch am Währungsmarkt schätzen.

    Für Anleger heißt es somit anders als zum Beginn 2023, dass Risiken am Markt immer vorhanden sind. Es gibt keinen risikolosen Aktienmarkt. Vor 12 Monaten waren die Risiken aber ohne Zweifel besser in die Kurse eingearbeitet. Dies sollte man im Hinterkopf haben.




    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
    Häuser, Aktien und Zinsen 2024 in völlig anderem Terrain Immobilien wechselten 2023 so selten den Besitzer wie seit Jahren nicht mehr. Dafür konnten sich Anleger über nominal sehr hohe Zinsen freuen. 2024 wird sich finanziell vieles neu sortieren. Wer für 2024 eine Erwartungshaltung für den Aktienmarkt …