EU und Deutschland laufen Gefahr, eigene Wasserstoffziele zu verfehlen - Seite 2
Elektrolyseur-Anlagen mit insgesamt 120 GW Leistung aufbauen, was einem Plus von
20 GW pro Jahr und somit einem 20-mal so schnellen Ausbautempo wie bislang
entspricht. Da für die Herstellung sauberen Wasserstoffs große Mengen
erneuerbare Energie benötigt werden, müssen zudem auch hier erhebliche
Kapazitäten entstehen. Für die anvisierten 120 GW Leistung würden zum Beispiel
24.000 neue Windräder benötigt.
"Der kapitalintensive Wasserstoffmarkt steckt weiterhin in den Kinderschuhen und
hatte zuletzt auch noch mit hohen Zinsen und Inflation bei den Materialpreisen
zu kämpfen. Wir beobachten dabei mehrere grundsätzliche Herausforderungen, die
in Summe so schnell wie möglich angegangen werden müssen,", sagt Dirk Niemeier,
Director bei Strategy& Deutschland und Co-Autor der Studie. "Die größte Barriere
ist das Fehlen großvolumiger Abnahmeverträge, was die Finanzierung und damit
Fertigstellung der Produktionsprojekte verhindert. Voraussetzung für solche
Abnahmeverträge ist wiederum eine Förderung, die ähnlich wie bei erneuerbarem
Strom die anfänglichen Mehrkosten gegenüber fossilen Alternativen ausgleicht.
Ein ähnliches Henne-Ei-Problem beobachten wir bei der Infrastruktur, die für
Lagerung und Transport unerlässlich ist, aber erst gebaut wird, wenn genügend
Wasserstoff produziert wird. Hinzu kommt die Knappheit Erneuerbarer Energien,
die für sauberen Wasserstoff so dringend benötigt werden."
Bei der Umsetzung hat China die Nase vorn
Im globalen Vergleich zeigt sich, dass diese Herausforderungen zwar für alle
Regionen gelten, allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt sind - und auch
unterschiedlich erfolgreich gelöst werden. Betrachtet man etwa die angekündigten
Produktionskapazitäten, liegen Afrika und Lateinamerika nach Europa auf Platz 2
und 3. Beide Regionen kämpfen jedoch mit hohen Unsicherheiten bezüglich der
Konkretisierung der Projekte. Ganz anders China, Südkorea und Japan: Das
asiatische Trio zeigt sich als Umsetzungsspitzenreiter und hat bereits jetzt
doppelt so viel Produktionskapazität in Betrieb, finanziert oder in Bau wie
Europa. Allein China plant für 2024 ein Plus tatsächlich laufender
Elektrolyseur-Kapazität, das dem 2023 in Europa im Bau oder finanzierten Volumen
entspricht (3,3 GW). Die USA setzen vor allem auf günstigeren kohlenstoffarmen
Wasserstoff, der etwa mithilfe von CCS (Carbon Capture and Storage-Technik) aus
Gas hergestellt wird, um so ihre Gasindustrie in das künftige
Wasserstoffökosystem zu integrieren.
"Wasserstoff ist einer der entscheidenden Schlüssel, um die globalen Klimaziele
noch zu erreichen. Damit der Markt in Gang kommt, müssen alle Akteure einen