checkAd

    Aufkäufe von Staatsanleihen  1972  0 Kommentare Streit über Rolle der EZB in der Schuldenkrise

    Deutsche Top-Ökonomen streiten über Rolle der EZB: So fordert Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Mayer unbegrenzte Aufkäufe. Für den Wirtschaftsweisen Franz seien Aufkäufe eine Todsünde. Ifo-Chef Sinn sieht die Ersparnisse der Deutschen gefährdet.

     
     
    Unter deutschen Top-Ökonomen ist ein Streit über die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) als den letzten Retter für Italien entbrannt. „Bevor das Finanzsystem kollabiert, ist es besser, wenn die EZB unbegrenzt italienische Staatsanleihen aufkauft“, sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger gegenüber der „Welt am Sonntag“. Auch der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, spricht sich in der Zeitung unter bestimmten Bedingungen für unbegrenzte Aufkäufe aus. 
     
    Mayer fordert, die Italiener sollten ein Äquivalent zur deutschen Agenda 2010, eine Agenda 2020, entwickeln. „Wenn Italien diesen Zehnjahresplan auf den Weg gebracht hat, sollte die EZB ankündigen, alles dafür zu tun, die Zinsen für die Schuldenaufnahme des Landes nicht mehr über fünf Prozent steigen zu lassen“, sagt Mayer. Damit würde sich die Lage auf den Finanzmärkten schnell beruhigen und die EZB müsse gar nicht in großem Stil Anleihen aufkaufen, weil Investoren selbst wieder dem Staat Geld leihen würden. Mayer räumt ein, dass der Erfolg seines Plans nicht garantiert sei. „Ich weiß nur, dass die bisherige Strategie des Durchwurstelns nicht erfolgreich war“, sagt Mayer.
     
    Der Chef des Sachverständigenrats, Wolfang Franz, spricht sich dagegen entschieden gegen weitere Aufkäufe italienischer Staatsanleihen aus. „Italien kann und muss sich selber helfen“, sagt Franz. „Die EZB ist auf eine schiefe Bahn geraten. Die Monetarisierung der Staatsschulden gehört zu den Todsünden einer Zentralbank.“ 
     
    Auch in der Bundesregierung ist man besorgt, dass die EZB den Schritt wagen könnte, Italien mit noch viel größeren Summen zu stützen. „Wir müssen alles unternehmen, um der EZB die Möglichkeit zu schaffen, sich auf ihre eigentliche Aufgabe – den Erhalt der Geldwertstabilität – zu konzentrieren“, sagt Michael Meister, ein stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Allerdings denken laut Regierungskreisen nicht alle in Europa so. „Die Südeuropäer haben eine Lösung parat, die sie immer wieder vorbringen: die Notenbank“, sagt ein hochrangiger Politiker der schwarz-gelben Koalition. 
     
    Nach Ansicht von Ökonomen ist die EZB schon jetzt dabei, ihrem amerikanischen Pendant, der Federal Reserve, immer ähnlicher zu werden. „Das ursprüngliche Konzept der EZB tritt immer mehr in den Hintergrund“, sagt Clemens Fuest, ein in Oxford lehrender Finanzwissenschaftler. „Sie entwickelt sich in Richtung einer European Federal Reserve, die als Retter in letzter Not eingreift.“ Auch Hans Reckers, bis 2009 Bundesbank-Vorstand und heute Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, sagt, dass sich das Mandat der EZB „de facto erweitert hat. Neben Preisstabilität hat sie die Funktion eines Nothelfers übernommen.“
     
    Ifo-Chef Hans-Werner Sinn warnt unterdessen, dass im Falle einer Pleite Italiens die deutschen Ersparnisse gefährdet seien. „Müssten wir die gesamten Schulden der fünf Krisenländer anteilig besichern, läge das Risiko bei mehr als 1,6 Billionen Euro“, warnt der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. „Damit stünde die gesamte deutsche Ersparnis, die unter dem Euro angesammelt wurde, auf dem Spiel.“
     
     
    Lesen Sie auch:
     



    wallstreetONLINE Redaktion
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Melden Sie sich HIER für den Newsletter der wallstreetONLINE Redaktion an - alle Top-Themen der Börsenwoche im Überblick! Verpassen Sie kein wichtiges Anleger-Thema!


    Für Beiträge auf diesem journalistischen Channel ist die Chefredaktion der wallstreetONLINE Redaktion verantwortlich.

    Die Fachjournalisten der wallstreetONLINE Redaktion berichten hier mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den Partnerredaktionen exklusiv, fundiert, ausgewogen sowie unabhängig für den Anleger.


    Die Zentralredaktion recherchiert intensiv, um Anlegern der Kategorie Selbstentscheider relevante Informationen für ihre Anlageentscheidungen liefern zu können.


    Mehr anzeigen
    Aufkäufe von Staatsanleihen Streit über Rolle der EZB in der Schuldenkrise Deutsche Top-Ökonomen streiten über Rolle der EZB: So fordert Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Mayer unbegrenzte Aufkäufe. Für den Wirtschaftsweisen Franz seien Aufkäufe eine Todsünde. Ifo-Chef Sinn sieht die Ersparnisse der Deutschen gefährdet.

    Schreibe Deinen Kommentar

    Disclaimer