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    Smart Investor Weekly 12/2012  2439  0 Kommentare Schöne Worte – Und wo sind die Taten? - Seite 2



    Griechenlands dankbare Profiteure: Anwälte und Banken
    Mit einigen Tagen Zeitverzug sind nun die neuen griechischen Anleihen in alle Depots eingebucht worden. Als ob der Schaden durch den Zwangstausch nicht schon groß genug wäre, hatte die eine oder andere Bank noch einen zweiten Schock für ihre Kunden parat: Für die Einbuchung der 24 neuen Papiere wurde zum Teil 24 Mal eine Einbuchungsgebühr verlangt. In Summe kamen dabei – gerade bei Klein- und Kleinstanlegern – Beträge zusammen, die fast den Gegenwert der neuen Anleihen erreichten. Erst nach massiven Protesten der Kunden verzichteten einige Banken auf die Gebühren. Falls Sie von derartigen Machenschaften betroffen sind, sollten Sie sich gegenüber Ihrer Bank darauf berufen, gegen die Umschuldung gestimmt oder gar keine Weisung gegeben zu haben. Ohne gegebene Willenserklärung sollte es den Bankern schwer fallen zu begründen, warum für dieses ungewollte "Geschäft" etwas zu bezahlen ist. Unabhängig davon ist der Gegenwert der einzelnen neuen Griechenpapiere so gering, dass es Anlegern mit sehr geringen Stückzahlen aufgrund der dann fälligen Verkaufsgebühren (die dann natürlich auch für alle 24 Papiere separat zu bezahlen sind) fast unmöglich gemacht wird, diese zu veräußern. Auf alle Fälle wird es ein lohnenswertes Geschäft für die Bankenbranche, die ja beim Aushandeln des Umschuldungsangebotes und dessen Details nicht ganz unbeteiligt war. Aktionärsschutzvereinigungen wie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) und eine Hamburger Anwaltskanzlei haben bereits konkrete Absichten geäußert, gegen die Zwangsumschuldung zu klagen. Aus unserer Sicht empfiehlt es sich jedoch, zunächst einmal abzuwarten und gegebenenfalls erst bei absehbaren Erfolgsaussichten auf den fahrenden Zug aufzuspringen. In jedem Fall sollten Anleger die Buchungsbelege bezüglich der Griechenanleihen gut aufbewahren, um im Zweifelsfall den entstandenen Verlust dokumentieren zu können.

    Hans, der Solidarische
    Nicht alle freilich, die Griechenland-Anleihen in ihrem Depot hielten, setzten auf die geringe Chance einer noch verbliebenen Rest-Rechtsstaatlichkeit in der EU. Manche kauften schon 2010 aus „Solidarität“ mit den Griechen. Der versammelte wirtschaftliche Sachverstand der Teilnehmer der Handelsblatt-Aktion „Wir kaufen griechische Staatsanleihen!“ (Mai 2010) glaubte wohl, damit den Griechen zu helfen. Tatsächlich wurden damit nur jene Geldgeber Griechenlands unterstützt, die auf diese Weise die ungeliebten Papiere ganz unsolidarisch am Sekundärmarkt losschlagen konnten. Aber nicht alle, die da aus „Solidarität“ kauften, kauften überhaupt. Etwa unser ehemaliger Bundesfinanzminister, Hans Eichel, der seinerzeit in schönen Worten erklärte, warum er die Seiten wechselte, und zum ersten Mal in seinem Leben nicht Staatsanleihen verkaufen ließ, sondern selbst welche erwarb, also erwerben wollte. Er „kaufte“, denn die Eurozone müsse zusammengehalten werden. „Welt"-Autor Frank Stocker lässt nun mit der Aussage aufhorchen, dass Eichels Solidaritätsbekundung keine Taten folgten. Eichel habe demnach ganze 1.000 EUR investieren wollen. Ein atemberaubender Akt einer offenbar rein theoretischen Solidarität. Leider hätte die Mindeststückelung 5.000 EUR betragen, weshalb es Eichel bei schönen Worten belassen musste. Aus Hans, dem Solidarischen wurde in der griechischen Angelegenheit – angesichts des nachfolgenden Schuldenschnitts – sogar noch ein unverdienter Hans im Glück. Das mit der Mindeststückelung bezeichnet Stocker jedoch als „natürlich[!] glatt gelogen“, denn er selbst, Stocker, hatte 1.000er-Stückelungen gekauft. Irgendwie peinlich für Hans, den Solidarischen. Aber wer glaubt mit einer Investition von 1.000 EUR und einem albernen Statement die Eurozone zusammenhalten zu können, der dürfte möglicherweise noch ganz andere Probleme haben, als eine kleine Notlüge. Wir wollen dem solidarischen Hans aber zugutehalten, dass er in dem ganzen Trubel vielleicht nur vergessen hat, seine Order aufzugeben. Schließlich kämpft er an vielen Fronten, etwa um eine „gerechte“ Aufstockung seiner Pension von derzeit kümmerlichen rund 8.200 EUR/Monat. In diesem Zusammenhang darf auch einmal an die „Verdienste“ des Gymnasiallehrers erinnert werden, der sich zwar ein Leben lang nicht am freien Markt beweisen musste, aber dennoch so folgenschwer als „Wirtschafts- und Finanzexperte“ dilettierte: Es war Hans Eichel, der sich als Bundesfinanzminister – allen Warnungen echter Wirtschaftsexperten zum Trotze – für die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone stark machte.
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    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly 12/2012 Schöne Worte – Und wo sind die Taten? - Seite 2 Ob Rede oder Talkshow, schöne Worte sind die Lieblingswährung der Politik: wohlfeil, beliebig, belanglos. Was aber zählt, sind Taten – und die sind ernüchternd.

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