Diversifikations-Mythen
Nicht alle Eier in einen Korb
Die Branche geschlossener Fonds ist beunruhigt. Offenbar gibt es Pläne aus dem Bundesfinanzministerium, nach denen Emissionshäuser nur noch geschlossene Fonds mit mindestens sieben
Objekten auflegen dürfen. Anlegerschützer klatschen in die Hände und singen das Lied von Harry Markowitz und seiner diversifizierten Portfoliotheorie.
Stichwort: Nicht alle Eier in einen Korb. Anscheinend haben die Markowitz-Fans nicht bedacht, dass ein fauler Apfel alle anderen in der Obstschale matschig werden lässt, ein
Tropfen Gülle ein ganzes Fass Wein versaut. Was gibt es noch? Ach ja: Offene Immobilienfonds mit einer Reihe von Gebäuden können bei Anlegern zu schweren Verlusten führen. Das hat sich als
Sprichwort noch nicht eingebürgert, stimmt aber leider.
Hat denn niemand den Artikel über Diversifikations-Mythen in der vergangenen Ausgabe gelesen? „Vorsicht Infektionsgefahr!“ hatte ich geschrieben und einen Portfolio-Manager der Scandia Investment
Group zitiert, der Diversifikation wörtlich als „Bullshit“ bezeichnete, als Schwachsinn.
Die Nachteile sind offensichtlich: Bei Sieben-Objekte-Fonds kämen nur kleine Immobilien in Frage. Welches Volumen das Angebot erreicht, wenn jedes Gebäude einen Wert von nur zehn
Millionen Euro hat, kann sich jeder ausrechnen. Was ist, sollte der Initiator nur fünf geeignete Objekte finden? Wird er auf das Angebot verzichten oder zweite Wahl in den Fonds packen, um auf die
Sollzahl zu kommen? Und wie sollte ein Fonds künftig zum Beispiel einen Airbus A380 finanzieren?
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Wer über Risikostreuung nachdenkt, sollte weniger die Zahl der Gebäude und sonstigen Assets im Kopf haben als lieber die Zahl der Mieter und Nutzer. Ich glaube nicht, dass alle
Single-Tenant-Konzepte aufgehen. Trotzdem halte ich nichts davon, die Fonds in diesem Punkt gesetzlich zu reglementieren. Die Beteiligungsmodelle bleiben Konstrukte mit individuellen Stärken und
Schwächen - und unter- nehmerischen Risiken.
Viel Spaß beim Lesen und frohe Ostern!
Ihr Markus Gotzi,
Chefredakteur "Der Fondsbrief"