checkAd

    BEHAVIORAL FINANCE  1305  0 Kommentare Fuß in der Tür: Euro-Bills

    Kennen Sie das auch: Mancher Bettler auf der Straße fragt nicht mehr direkt: „Haste mal ´nen Euro?“, sondern kommt auf Sie zu und fragt zunächst höflich nach der Uhrzeit. Diesen Gefallen können Sie wohl kaum verweigern. Doch wenn Sie erst einmal stehengeblieben sind und freundlich die gewünschte Information weitergegeben haben, fällt es ihnen schwerer abzulehnen, wenn er danach doch noch nach Kleingeld fragt. Schließlich will man sich konsistent und konsequent verhalten. Alles andere – also wenn Wahrnehmung, Handeln und Wertvorstellungen nicht mehr zusammenpassen – würde einen unangenehmen Spannungszustand auslösen (kognitive Dissonanz). Diese Taktik wird auch gern von Haustürverkäufern genutzt und heißt deshalb Foot-in-the-door-Technik („Fuß in der Tür“): Man bittet zunächst um einen kleinen Gefallen, den der Gegenüber kaum ablehnen kann, nur um kurz darauf mit der eigentlichen, größeren Bitte herauszurücken.[1]

     

    Politische Überredungskunst

    Als ich jüngst in der Online-Version des Spiegel-Magazins las, die EU arbeite an einer Light-Version der Eurobonds, fühlte ich mich sofort an diese Verkaufstaktik erinnert. Und auch hier könnte sie funktionieren: Bislang sperren sich die „starken“ Euroländer, Deutschland, Finnland & Co. vehement gegen die Einführung gemeinsamer europäischer Schuldscheine. Die Einführung von sehr kurzlaufenden Schuldtiteln, sie könnten Eurobonds light oder Euro-Bills heißen, könnte die Tür öffnen für die bislang gefürchteten Eurobonds.

    Der Vorteil der Euro-Bills: Sie wären in ihrem Volumen begrenzt, da sich die Staaten laut Plänen nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz ihrer Wirtschaftsleistung über diese Bills finanzieren dürften. Auch deren zeitlicher Rahmen wäre überschaubar: Die Geldmarktpapiere hätten wohl eine Laufzeit von maximal einem Jahr und man könnte gar die Erneuerung daran knüpfen, ob die Fiskalversprechen während der Laufzeit eingehalten wurden; die Gefahr des gefürchteten Moral Hazard würde damit minimiert. Dazu kommt: Die kurzfristigen Staatsanleihen haben eine blütenweiße Weste – in der Vergangenheit blieben solche Bills bei Restrukturierungen entwickelter Staaten verschont. Zu guter Letzt bergen die Kurzläufer den großen Vorteil, dass wohl keine Veränderung der EU-Verträge für ihre Einführung nötig wäre.

     

    Euro-Bills kaufen Zeit

    Euro-Bills würden die Krise sicher nicht lösen, denn sie können nur in begrenztem Ausmaß zur Finanzierung genutzt werden. Aber sie könnten die Tür aufstoßen für die schwergewichtigeren, langlaufenden Eurobonds oder ein anderes Instrument, das sich die Politiker in Zukunft ausdenken könnten. Denn eines können die Bills in jedem Fall: ein bisschen mehr Zeit kaufen, um ein wenig Druck von den schuldengeplagten Ländern zu nehmen. Ein erster kleiner Schritt – will heißen: Euro-Bills – sind vermutlich der leichteste Weg, um den Politikern und Bürgern der starken Staaten ihr „Kleingeld“ abzutrotzen.




    Christin Stock
    0 Follower
    Autorin folgen
    Mehr anzeigen
    Christin Stock, Analystin und Bloggerin.
    Mehr anzeigen

    Weitere Informationen zur Autorin und der Behavioral Finance: www.blognition.de.
    Verfasst von 2Christin Stock
    BEHAVIORAL FINANCE Fuß in der Tür: Euro-Bills Kennen Sie das auch: Mancher Bettler auf der Straße fragt nicht mehr direkt: „Haste mal ´nen Euro?“, sondern kommt auf Sie zu und fragt zunächst höflich nach der Uhrzeit. Diesen Gefallen können Sie wohl kaum verweigern. Doch wenn Sie erst einmal stehengeblieben sind und freundlich die gewünschte Information weitergegeben haben, fällt es ihnen schwerer abzulehnen, wenn er danach doch noch nach Kleingeld fragt.