Europa "hoch spannender Versuch"
Schäuble rechnet mit neuem Grundgesetz für mehr Europa
Die politische Integration der EU-Mitgliedsstaaten müsse weiter vorangetrieben werden. Aus diesem Grund werden die Deutschen in wenigen Jahren über ein neues Grundgesetz abstimmen, so
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“. Auf die Frage, wann die Grenzen der deutschen Verfassung erreicht seien, sagte Schäuble: „Wann es so weit sein
wird, weiß ich nicht, weiß wohl keiner. Aber ich gehe davon aus, dass es schneller kommen könnte, als ich es noch vor wenigen Monaten gedacht hätte.“ Und weiter: „Vor ein paar Monaten hätte ich
noch gesagt: In fünf Jahren? Nie im Leben! Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher.“
Das heutige Europa sei selbst für politisch Interessierte nur noch schwer zu durchschauen. Entsprechend fordert Schäuble einen deutlichen institutionellen Umbau der EU und eine bessere
demokratische Legitimation von Entscheidungen: „Bislang haben die Mitgliedstaaten in Europa fast immer das letzte Wort. Das kann so nicht bleiben. Wir müssen in wichtigen Politikbereichen mehr
Kompetenzen nach Brüssel verlagern, ohne dass jeder Nationalstaat die Entscheidungen blockieren kann.“
Dazu müsste die EU-Kommission zu einer echten Regierung weiterentwickelt, der Präsident durch alle europäischen Bürger direkt gewählt und das EU-Parlament gestärkt werden, so Schäuble im „Spiegel“.
Wie sähe das künftige Europa aus? „Das Europa der Zukunft wird kein föderaler Staat nach dem Vorbild der USA oder der Bundesrepublik sein. Es wird eine eigene Struktur haben. Das ist ein hoch
spannender Versuch“, betont Schäuble.
Es wäre ein Fehler, die gemeinsame Währung aufs Spiel zu setzen, warnt Schäuble: „Es besteht durchaus die Gefahr, dass bei einem Auseinanderbrechen des Euro, wovon ich übrigens nicht ausgehe,
vieles von dem, was wir erreicht und liebgewonnen haben, in Frage gestellt würde – vom gemeinsamen Binnenmarkt bis hin zur Reisefreiheit in Europa. Aber ein Auseinanderbrechen der EU wäre doch
absurd. Die Welt rückt immer enger zusammen, und in Europa würde jedes Land wieder seine eigenen Wege gehen? Das kann, darf und wird nicht sein!“
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