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    Zeitloses zum Tod von James M. Buchanan  2397  0 Kommentare Wie können Ökonomen mehr Bedeutsames zur Finanzkrise sagen?

     

    Die liberalen Klassiker sterben aus. Einer der letzten großen ist am 9. Januar gestorben: James M. Buchanan (1919-2013). Nobelpreisträger 1986 für seine Entwicklung der vertraglichen und konstitutionellen Grundlage der Theorie ökonomischer und politischer Entscheidungsfindung. Als einer der Begründer der „Public Choice School of Economics“ und damit Pionier der Neuen Politischen Ökonomie ist er wissenschaftspublizistisch bekannt durch Werke wie „The Calculus of Consent“, „The Limits of Liberty“, „The Power to Tax“ und „The Reason of Rules“. Buchanan gehört zu denjenigen Ökonomen, die noch interdisziplinär gearbeitet haben. Er unterschied zwischen zwei Ebenen öffentlicher Wahlhandlungen: der Verfassung und nachkonstitutionellen Entscheidungen innerhalb bereits gesetzter Regeln. Buchanan drängte Ökonomen sich mehr mit der ersten, grundsätzlichen Ebene zu beschäftigen statt zum politischen Spieler zu werden. James M. Buchanan rückt damit die Frage der Ordnung in den Mittelpunkt, eine Frage, die in Deutschland so aktuell ist wie lange nicht angesichts der Euro- und EU-Krise und dem Ende des wohlfahrtstaatlichen Modells.

    Buchanan, der unter anderem Ehrenpräsident des Walter Eucken Instituts war und an der George Mason University lehrte, hat in einem seiner letzten Aufsätze "Economists have no clothes" 2009 die Frage aufgeworfen, warum Ökonomen so wenig Bedeutsames zur Finanzkrise zu sagen haben. Seine Argumentation lautet wie folgt: 

    1. Die keynesianische Trennung von Makro- und Mikroökonomie, die Mitte des 20. Jahrhunderts vollzogen wurde, schien echten wissenschaftlichen Fortschritt mit sich zu bringen, markiert aber tatsächlich nur den Beginn einer verlorenen Epoche, die keine wertvollen Ergebnisse hervorgebracht hat.

    2. Ökonomen haben bis heute nicht verstanden, dass Aggregate und Aggregatvariablen mit mehr oder weniger akkurater Genauigkeit gemessen werden können (ex post), aber sich nicht kontrollieren und steuern lassen, weder direkt noch indirekt.

    3. Ursache ist ein fundamentales Missverständnis darüber, was die Wirtschaft eigentlich ist. Das Bemühen so vieler Ökonomen ist auf die Kontrolle der Aggregatvariablen gerichtet, die aber per se nicht kontrollierbar sind.

    4. Marktwirtschaft ist eine emergente, komplexe, dynamische Ordnung. Ein wichtiger Erkenntnisschritt ist die Anerkennung von Beschränkungen, von Regelsystemen, Anreizen, von einer Verfassung. Ein grobes Missverständnis ist das Denken in Größen wie „die“ Wirtschaft, die funktionieren soll oder aber per se nicht funktioniert.

    5. Entscheidende Bedeutung kommt der Aufmerksamkeit gegenüber der „konstitutionellen Struktur“, der Ordnung, dem Rahmen zu (Ordnungspolitik/ -ökonomik). Wie funktionieren Märkte unter diesen oder jenen Set von konstitutionellen and institutionellen Beschränkungen?

    6. Wir sollten unser Denken und Analysen auf eine Welt ausrichten, die ideal sein könnte, aber im Rahmen des Möglichen bleiben. Die Verfassung des Geldes wurde vollkommen vernachlässigt. Hier ist eine dramatische Revolution erforderlich. Finanzwesen und Geldsystem sind vollkommen fehlerhaft.

    7. Die entscheidende Frage lautet: Welche Funktionen muss eine Finanz- und Geld-Ordnung ausüben um in einer ideal funktionierenden Marktwirtschaft zu funktionieren? Die wesentliche Antwort lautet: Sie muss neutral in allokativer Hinsicht sein, begrenzt darauf den Austausch zu ermöglichen und so Transaktionskosten zu reduzieren.

    Buchanan schließt humorvoll: Es scheint, als ob viele Menschen einen Esel geritten und dabei sehr komfortabel auf einem Sattel gesessen hätten, der mit Luft aufgepumpt war - bis zu einem nicht vorhergesehenen Riss, der das Polster zusammenfallen ließ.




    Michael von Prollius
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    Dr. Michael von Prollius ist Publizist, Gründer von Forum Freie Gesellschaft und Blogger auf DieBucht.Rocks. Die Internetplattform widmet sich der Wiederbelebung und Weiterentwicklung von klassischem Liberalismus und Österreichischer Schule (www.forum-freie-gesellschaft.de). Als Autor und Herausgeber* hat er mehr als ein Dutzend Bücher publiziert, darunter zs. mit Thorsten Polleit „Geldreform“ (2013)* und „Auf der Suche nach einer anderen Ordnung“ (2014)*; zuletzt erschienen ist „Mehr Freiheitsliebe. Ein weiteres Querdenker-ABC“ (2019).*
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    Zeitloses zum Tod von James M. Buchanan Wie können Ökonomen mehr Bedeutsames zur Finanzkrise sagen? Die Wirtschaftswissenschaften sind auf dem Holzweg. Das Vermächtnis des Nobelpreisträgers Buchanan bietet Ansatzpunkte für einen Ausweg und für ein grundlegende Neuordnung der Finanzwelt.

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