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    Smart Investor Weekly SIW 9/2013  1537  0 Kommentare Ein Hoch ist ein Hoch ist ein Hoch - Seite 2





    Überwindung macht sich bezahlt
    Je weiter man von einem Allzeithoch entfernt ist, desto weniger kann man auf den Rückenwind des „offenen Himmels“ hoffen. Technische Analysten lieben daher Allzeithochs, weil es darüber keine „technischen Widerstände“ mehr gibt. Andererseits kostet es schon Überwindung an einem solchen Hoch zu kaufen. Zu groß ist die Angst, dumm auszusehen, weil man viel zu teuer gekauft hat. Dies war beispielsweise beim oben angeführten 2007er Hoch des DJIA der Fall. Häufig macht sich die Überwindung jedoch bezahlt, wenn man daraus nicht stur eine Fortsetzung des Trends erwartet, sondern das Allzeithoch lediglich als Arbeitshypothese auf weiter steigende Kurse betrachtet. Eine gute Arbeitshypothese hat aber auch eine Ausstiegsbedingung, ab der man sie als vom Markt widerlegt betrachten sollte. Im Marktjargon wäre dies ein Stoppkurs. Direkt auf einen Rücksetzer zu warten funktioniert dagegen oft nicht, weil die besten Titel/Situationen oft wenig Neigung zeigen, dem interessierten Anleger noch einmal einen günstigen Einstieg zu ermöglichen. Durch das Warten auf den Rückschlag erhält man tendenziell also eine Negativauswahl. Belastend ist zudem, dass in dem Moment, wo ein mutiger Kauf direkt am neuen Allzeithoch erfolgt, man eben noch nicht wissen kann, ob ein Rückschlag erfolgen wird.

    „Alles gut“ dank Allzeithoch?!
    Das aktuelle Allzeithoch im DJIA ermuntert viele Kommentatoren zu abenteuerlichen Rückschlüssen auf den Zustand der Wirtschaft. Die Argumentation ist dann ungefähr so, dass dieses Hoch doch deutlich zeige, dass die Krise überwunden sei, und nun alles mehr oder weniger gut werde. Einer der selten gewordenen Fälle, wo sogar die ansonsten kaum mehr gelittenen Märkte als Zeugen für erfolgreiche Politik bemüht werden. Die andere Fraktion sieht in dem Hoch dagegen einen nicht rational zu erklärenden Überschwang der Marktteilnehmer, der sich schon bald in einem fürchterlichen Crash entladen werde: „Wir haben Euch gewarnt!“ Beides ist möglich, aber beides gibt das Allzeithoch logisch nicht zwingend her. Neben den oben beschriebenen Effekten, die die Indizes „auf natürliche Weise“ nach oben treiben, entsteht jeder Kurs aufgrund einer spezifischen Angebots-/Nachfragesituation im Zeitpunkt der Kursentstehung – mehr nicht. Bei steigenden Kursen ist der Handlungsdruck der Aktiennachfrager größer, als der der Aktienanbieter. Erstere sind gewillt höhere Preise zu bieten, letztere haben wenig Veranlassung zu Preiszugeständnissen, der Handel kommt bei tendenziell höheren Kursen zustande. Punkt. Über die Motive der einzelnen Akteure können wir kein Wissen haben, über diejenigen aggregierter Gruppen allenfalls etwas erahnen. Börsenkommentatoren geben zwar gerne vor, zu wissen WARUM die Kurse gestiegen sind – aber auch sie wissen es nicht. Mit der gleichen Inbrunst würde sie schreiben, warum die Kurse gefallen sind, mit dem höchsten Grad der Einsicht, die in das Kursgeschehen möglich ist – der nachträglichen. Der Interpretation „Alles gut dank Allzeithoch“ widerspricht beispielsweise, dass nur wenige Tage zuvor vermeldet wurde, dass US-Insider – also die legalen, in Form von Unternehmenschefs bzw. Gesellschaftsorganen – geradezu aus ihren eigenen Aktien fliehen. Niemand sollte sein Geschäft und dessen Aussichten besser verstehen, als diejenigen, die den Laden schmeißen. Uns scheint es daher plausibel, dass andere Motive hinter den Käufen stecken, als der Glaube an eine ernsthafte Gesundung der Wirtschaft. Das massenhaft in Umlauf gebrachte Geld durch Notenbank-/Fed-finanzierte Staatsschulden dürfte langsam aber sicher  zur Erkenntnis führen, dass Anlagebedarf und Anlagemöglichkeiten auseinander driften. Erstklassige Unternehmen vermehren sich einfach nicht auf Knopfdruck, Geld schon.

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    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly SIW 9/2013 Ein Hoch ist ein Hoch ist ein Hoch - Seite 2 Oder: Was uns neue Allzeithochs sagen