Containerschiffmarkt
China & Deutschland – ein seltsames Paar?
„Made in China“ sei im Entstehen, „Made in Germany“ bereits ausgereift, konstatierte der seit diesem März amtierende chinesische Regierungschef Li Keqiang während seines Deutschlandbesuchs Ende
Mai. „Wenn wir beides ideal und optimal kombinieren, dann entsteht daraus ein Traumpaar“, zitierte die Zeitung Die Welt. Beide Länder könnten Hand in Hand neue Märkte erschließen.
Für Beziehungsstress könnten Strafzölle der Europäischen Union (EU) gegen chinesische Solarprodukte sorgen; der Vorwurf der EU-Kommission: China verletzt durch extrem niedrige Preise, bedingt durch
hohe Subventionen, systematisch Welthandelsregeln. Mit den USA befindet sich China bereits seit 2005 in einem anhaltenden Handelsstreit. Nicht nur in der Solarbranche, auch in anderen Branchen
wachse hierzulande die Angst vor einer immer aggressiveren Industriepolitik, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ).
Dennoch erteilte Wirtschaftsminister Philipp Rösler den geplanten EU-Handelssanktionen von deutscher Seite eine Absage. Auch innerhalb der EU lehnt mehr als die Hälfte der 27 Mitgliedsstaaten das
Sanktionsvorhaben der EU-Kommission ab. Handelsschwierigkeiten mit China kann und will man sich demnach nicht leisten – ebenso wenig wie man den größten Markt Asiens nicht nur einigen Wenigen
überlassen möchte.
Deutschland war der einzige Stopp des neuen chinesischen Ministerpräsidenten in der EU – und mehr als nur ein positives Symbol von Sympathie. Immerhin seien die Wirtschaftsbeziehungen beider
Staaten seit Jahren sehr engmaschig, schreibt Die Welt. Rund ein Drittel des europäischen Handels mit China entfalle allein auf Deutschland (China ist größter EU-Importpartner, vor Russland und den
USA, sowie nach den USA und Norwegen drittgrößter EU-Exportpartner). Insofern ist dieser Besuch des „Exportweltmeisters“ beim „Exporteuropameister“ ein starkes strategisches Signal: Eine engere
Verbundenheit nützt der Wirtschaft und dem Handel. Deutschen Wirtschaftsvertretern bot Regierungschef Li in vielen Sparten eine privilegierte Partnerschaft an.
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Und die Zeichen für die deutsche Wirtschaft scheinen im Moment recht gut zu stehen. Die deutschen Unternehmen blicken wieder positiver in die Zukunft, schreibt das Handelsblatt Ende Mai. Nach
Rückschlägen in den letzten Monaten habe sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verbessert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, Resultat einer Befragung von 7.000 Unternehmen, legte um 1,3 auf
105,7 Punkte zu.
„Die deutsche Konjunktur behauptet sich in einem schwierigen europäischen Umfeld“, zitierte das Handelsblatt den Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. „Die Exporterwartungen sind zwar leicht gesunken,
signalisieren aber weiterhin, dass die Firmen mit Impulsen aus dem Ausland rechnen.“ Zudem sei auch das Konsumklima in Deutschland so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr. Für das zweite Quartal
2013 erwartet die Bundesbank eine „spürbare gesamtwirtschaftliche Belebung“, zitiert die Zeitung deren aktuellen Monatsbericht.
Während der Internationale Währungsfonds (IWF) lediglich in Deutschland und Japan sowie im Zusammenschluss südostasiatischer Staaten ASEAN 2013 mit einer Steigerung des Wirtschaftswachstums
rechnet, erwartet er in China einen Rückgang. Für dieses Jahr senkte der IWF Ende Mai seine Prognose von zuvor 8% Zuwachs auf 7,75% – nach wie vor eine enorme Wirtschaftsleistung. Die Volksrepublik
stehe vor einer riesigen Reformagenda, um das langfristige Wachstum zu sichern, heißt es in einer IWF-Presseinformation. Problematisch seien hohe Schulden, undurchsichtige Kreditvergaben und zu
umfangreiche Subventions- und Konjunkturprogramme. Im Zuge einer Verbesserung der Weltwirtschaftslage könne sich das chinesische Wirtschaftswachstum im zweiten Halbjahr jedoch verbessern.
Damit China mit seiner Reformagenda und dem Schuldenabbau vorankommt, sind Schwierigkeiten in den Handelbeziehungen nicht hilfreich. Die Exporte chinesischer Unternehmen nach Europa seien
elementarer Bestandteil für das nationale Wachstumsmodell; Zölle hingegen schaden der konjunkturellen Entwicklung, so die SZ. Im Gegenzug seien der wachsende Handel mit China und dessen
Investitionen in Europa bedeutende Bausteine zur Lösung der Euro-Schuldenkrise, weshalb es gelte, Handelsstreitigkeiten am Verhandlungstisch zu lösen statt am Schlagbaum durch höhere Zölle, mahnte
der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages Eric Schweitzer in Die Welt.
Komme es zu einem Handelskonflikt, werden beide Seiten leiden, kommentierte der chinesische Botschafter Shi Mingde. – So unterschiedlich die Politik in Deutschland und Chinas ist, zumindest im
Rahmen positiver nationaler Wirtschaftsentwicklungen ist keinem Land an Verstimmungen gelegen. Eine Allianz zwischen den Exportgiganten würde das Vertrauen
beider Länder in die Handelsbeziehungen stärken, was dem Containerschiffsverkehr zwischen Fernost und Europa gut bekommen könnte: Laut Schiffsmakler Howe Robinson ist das Handelsvolumen zwischen
beiden Kontinenten im Jahresvergleich wegen schwächerer Nachfrage in Europa um knapp 10% zurückgegangen. Laut Alphaliner sind die Frachtraten auf der Route Fernost-Nordeuropa von Mitte März bis
Mitte Mai von USD 1.600 auf USD 650 je Zwanzig-Fuß-Standardcontainer (TEU) gesunken.
Demgegenüber verbesserten sich die Charterraten leicht, ebenso die Zahlen beschäftigungsloser Containerschiffe: Waren es Anfang April noch mehr als 270 Auflieger, reduzierte sich die Zahl auf 230.
Diese Tendenz werde dank höherer Verschrottungen und wegen der Hauptsaison für asiatische Exporte zumindest bis in den August anhalten. Das Maklerhaus Breamar Seascope erwartet eine Verknappung von
Einheiten dieser Größe, ebenso einen erhöhten Bedarf. Laut Alphaliner verbesserten sich die Zeitcharterraten für 1.700-TEU-Feederschiffe seit Mitte März – ausgehend von einem niedrigen Niveau –
immerhin um 7%. Aus diesem Feeder-Segment fahren mehrere Containerschiffe in der Hansa-Hamburg-Flotte. – Für 1.700-TEU-Einheiten lag die durchschnittliche Charterrate Ende Mai laut
Containerschiffindex New ConTex mit USD 7.013 pro Tag (Vormonat: USD 6.846) auf einem im Vergleich zu den letzten Wochen erneut leicht höheren Niveau. (Gastbeitrag von Hansa Hamburg Shipping)