Europäische Aktien
Quartalsberichte auf der Kippe
Börsennotierte Unternehmen in der Europäischen Union müssen ab 2015 keine Quartalsberichte mehr vorlegen. Mit dieser Maßnahme will die EU überflüssige Bürokratie abbauen, die für den Anlegerschutz nicht notwendig sei. Mehr noch: Angeblich fördere die quartalsweise Information kurzatmige Entscheidungen und behindere langfristige Investitionen.
Damit machen sich die EU-Bürokraten fast wortgleich eine Argumentation zu eigen, die vor Jahren Wendelin Wiedeking verwendete. Weil sich der ehemalige Porsche-Lenker 2001 beharrlich weigerte, Quartalsberichte vorzulegen, flog der Sportwagenhersteller sogar aus dem MDAX. Jahre später scheiterte Porsche mit dem Vorhaben, sich per Gerichtsbeschluss in den Prime Standard einzuklagen.
Aber haben Wiedeking und die EU Recht? Wir sind skeptisch. Gewiss könnten vereinzelt Konzerne dazu verleitet werden, sich für die nächste Quartalsbilanz noch schnell aufzuhübschen. Allerdings wissen die Firmenlenker ganz genau, dass sie sich mit einem derartigen Vorgehen langfristig ins eigene Fleisch schneiden würden. Die Bereitstellung der für einen Quartalsabschluss benötigten Zahlen sollte ebenfalls kein Problem sein. Falls doch, müssen sich Investoren ernsthaft fragen, ob sie Eigentümer einer AG sein wollen, die offenbar kein funktionierendes Rechnungswesen hat.
Die praktischen Auswirkungen der neuen EU-Richtlinie dürften indes glücklicherweise gering sein. Für die Firmen im Prime Standard bleiben Quartalsberichte Pflicht, solange die Deutsche Börse ihre Regularien nicht ändert. Viele Aktiengesellschaften werden sowieso nicht auf Vierteljahresreports verzichten, weil ihre Investoren diese standardisierte Berichterstattung wünschen. Gerade Kleinanleger hätten andernfalls oft zu wenig Informationen zur Verfügung, um Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen sowie neue Trends rechtzeitig zu erkennen.
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