Smart Investor Weekly SIW 44/2013
Was wir von Warren Buffett lernen können ...
Der Kapitalanlage-Titan
Warren Buffett ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Kapitalanlegern. Auch die jüngsten Zahlen von Buffetts Investmentholding Berkshire Hathaway sind eindrucksvoll: Im dritten Quartal stieg der
Gewinn gegenüber dem Vorjahresquartal um 29%, in den ersten neun Monaten stehen ganze 41% mehr auf der Gewinnuhr als im Vorjahr. Schon am 22.7.2013 erreichte die Berkshire Hathaway Inc. Class
A-Aktie (WKN 854075) mit 178.900 USD ein neues Allzeithoch. Seit einigen Monaten schwächelt das Marktschwergewicht allerdings ein wenig. Gut, Monate sind nicht unbedingt das, was Buffett
interessiert, nicht einmal Quartale. Dennoch ist seit der markanten Spitze der relativen Kursentwicklung gegenüber dem S&P500-Index im Jahr 2008 (vgl. Abb., blaue Linie) über eine ungewöhnlich
lange Phase von rund fünf Jahren nur eine eher unterdurchschnittliche Entwicklung der Buffett-Holding gegenüber dem Index zu verzeichnen. Eine sogar noch ausgeprägte Schwächephase gab es in der
relativen Kursentwicklung schon einmal – während der NASDAQ- bzw. Neue-Markt-Euphorie. Relativ verlor Buffetts Holding damals in rund zwei Jahren mehr als 50% gegenüber dem S&P500 und mehr als 80% gegenüber dem NASDAQ100. Buffett blieb sich allerdings treu und nach zwei Jahren war der Spuk vorbei. Es ist diese Disziplin, von der sich
viele Anleger eine Scheibe abschneiden können, auch jene, die Buffetts Ansatz kopieren, ihn aber oft und vor allem auf lange Sicht doch nicht erreichen. Die Berkshire-Aktie erklomm in der Folge
jedenfalls neue relative Höhen gegenüber den genannten Indizes. Am Ende war der Value-Investor Buffett, der als einer der besten Anleger aller Zeiten gilt, wieder obenauf. Es ist also fraglich, was
diesmal hinter der zwar nicht dramatischen, aber doch sichtbaren relativen Schwächeneigung steckt. Da der Beginn dieser Phase mit dem Ausbruch der Finanzkrise bzw. dem Lehman-Zusammenbruch
zusammenfällt, wäre es denkbar, dass Buffetts Hilfeleistungen für einige Banken nicht alleine ökonomischen Erwägungen folgten. Möglicherweise hat sich der alte Fuchs in die „staatsbürgerliche
Pflicht“ nehmen lassen, um kurzfristig Schlimmeres zu verhindern.
Biologische Uhr
Eigentlich könnten sich Anleger aber mit einem Track Record wie demjenigen Buffetts bequem zurücklegen und darauf vertrauen, dass der rüstige 83jährige ihnen auch weiter in gewohnter Weise
langfristig zu Überrenditen verhelfen wird. Gerade das Alter Buffetts aber ist es, das manchem Anleger die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Das hat nichts mit der Leistungsfähigkeit des Meisters
zu tun. Im Gegenteil: Buffett findet sich auch an den heutigen Märkten, die sich angeblich völlig gewandelt haben und unglaublich schnell geworden sein sollen, noch immer mühelos zurecht – und das
mit einem fundamental orientierten Rüstzeug, das sein früherer Professor, Benjamin Graham, bereits vor über 80 Jahren lehrte. Auch hinsichtlich seines reichen Erfahrungsschatzes aus vielen
geschlagenen Börsenschlachten ist Buffetts Alter eher ein Pluspunkt. Das Damoklesschwert über dem Unternehmen ist die Frage, wie lange der Chef, der zugleich Motor der Entwicklung war und ist, das
Konglomerat noch lenken wird. Buffett konnte zwar ein ums andere Mal dem Markt ein Schnippchen schlagen, die Biologie dürfte aber selbst für ihn auf Dauer nicht zu überlisten sein. Schon heute ist
er ja so etwas wie der Jopi Heesters der Kapitalanlageszene.