Smart Investor Weekly SIW 45/2013
Verzweifelte Weise
Mahnende Worte
Es sind zwar nur Bruchstücke, die aus dem Verhandlungspoker zwischen den künftigen Koalitionspartnern CDU/CSU auf der einen und SPD auf der anderen Seite an die Öffentlichkeit dringen, aber sie
sind besorgniserregend – zumindest für die sogenannten „Wirtschaftsweisen“ bzw. offiziell den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Heute präsentierten die
Professoren ihr Jahresgutachten „Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik“. Das Werk wird wohl eher nicht dazu beitragen, das seit der Eurokrise tief zerrüttete Verhältnis zwischen
Wissenschaft und Politik zu kitten. Im Gegenteil: Geradezu mit Engelszungen versuchen die Professoren auch diesmal wieder bei den mehr oder weniger verantwortlich agierenden Politikern wenigstens
ein Grundverständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge zu fördern. Aber wo man sich routiniert hinter den wehenden Mänteln der Geschichte versteckt oder einfach nur Klientelpolitik betreibt, ist
ein solches Unterfangen natürlich vergebliche Liebesmüh‘. Zudem dürften sich selbst einfache ökonomische Fragestellungen in einer Sphäre abspielen, zu der das Gros der aktuellen und künftigen
Machthaber schon intellektuell gar keinen Zugang hat. Man lese nur ein paar Lebensläufe derjenigen, die schon bald darüber entscheiden, in welche Richtung die Milliardenströme künftiger
Bundeshaushalte gelenkt werden. Das Urteil der Wirtschaftsweisen über den Stand der Koalitionsverhandlungen – da sind sich sogar Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche einig – es fällt
vernichtend aus. „Rückwärtsgewandt“ sei etwa der flächendeckende Mindestlohn, wobei „rückwärts“ immerhin noch eine eindeutige Richtung wäre. Nicht einmal das mag man den Beteiligten so recht
zutrauen. Ob Mütterrente, Mietpreisbremse oder Ökostromförderung, der ganze planwirtschaftliche Instrumentenkasten der Möchtegern-Regierer findet vor den Augen der Professoren keine Gnade – zu
Recht. Natürlich wird niemand auf die Wissenschaftler hören und so wird die Berliner Laienspielerschar munter weiter den Wohlstand vernichten, den andere erarbeitet haben – wir nennen das
Kontinuität. Dabei spielt es noch nicht einmal eine Rolle, ob letztlich Lobbyisten, Ideologen oder ganz gewöhnliche Dummköpfe die Feder beim Koalitionsvertrag führen. Von Lobbyisten diktierte
Gesetzte haben zumindest den Vorteil, dass wenigstens einige wenige davon profitieren. Schwacher Trost.