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    Smart Investor Weekly SIW 46/2013  2157  0 Kommentare Wie tief ist tief genug?

    EZB senkte auf Rekordtief
    Am 7.11. überraschte die EZB mit einer Halbierung des bisherigen, rekordniedrigen Leitzinssatzes von 0,5% p.a. auf den neuen, rekordniedrigen Leitzinssatz von 0,25% p.a. Der Euro schwächte sich gegenüber dem US-Dollar wieder etwas ab, was einige Kommentatoren in rückschauender Prognose als die eigentliche Motivation für diese Maßnahme zu erkennen glaubten. Denkbar. Das verkennt allerdings, dass es trotz der Aufwertungstendenzen des Euro im Vorfeld wohl weniger um Wechselkursentwicklungen als um die weiter dramatische Überschuldungssituation einzelner Staaten und das gestresste Banksystem der Eurozone ging. Auch die Idee einer Vermögensabgabe, die plötzlich heiß diskutiert wird, passt so gar nicht zu den Parolen einer gelösten Schuldenkrise und eines frischen Aufschwungs. Auslöser für diese Diskussion war der IWF, der entsprechende Gedankenspiele verbreiten ließ. Bei einem derart sensiblen Thema tut man so etwas nicht ohne Grund. In der kommenden Smart Investor Ausgabe 12/2013, die dieses Wochenende erscheint, beschäftigen wir uns ausführlich mit derartigen Plänen zur Vermögensabgabe, möglichen Ausgestaltungen und den Konsequenzen für die Sparer.

    Üble Zwillinge
    Beide Maßnahmen – sowohl die bereits in Kraft gesetzte Zinssenkung als auch die erst drohende Vermögensabgabe – haben einiges gemeinsam: Diese beiden üblen Zwillinge zielen im Rahmen der Finanziellen Repression direkt auf die Sparguthaben. Aus Sicht des modernen Schuldenstaates gib es kaum eine attraktivere Zielgruppe zur Einnahmengenerierung (Vermögensabgabe) bzw. Ausgabenreduzierung (Zinssenkung) als den Sparer. Sparer sind schlecht bzw. gar nicht organisiert, haben also auch keine Lobbyisten im Zentrum der Macht. Die wenigen Sparer jenseits der Freibeträge stellen als Minderheit auch bei Wahlen keinerlei Bedrohung für das Polit-Establishment dar. Zudem lockt mit Sparguthaben in Billionenhöhe eine lohnende Beute und da diese Maßnahmen „keine Armen treffen“, kann man sich vor dem Gros der Wählerschaft ganz nebenbei auch noch als „Ritter der sozialen Gerechtigkeit“ inszenieren.

    Unter Null
    Kommen wir noch einmal auf die Zinssenkung der EZB zurück, die angesichts des Ausmaßes von 0,25% bei einem Niveau von jetzt ebenfalls 0,25% wohl vor allem symbolischen Charakter hat. Die Nähe zur Nulllinie wirft allerdings die Frage auf, wie es von da ab eigentlich weitergehen soll, falls eine lockerere Geldpolitik erforderlich bleibt?! Weniger als ein Zins von 0% geht ja nicht?! Irrtum. Geht doch. Denn neben dem Nachdenken über eine Vermögensabgabe werden neuerdings Negativzinsen in die Diskussion eingeführt. Auch dies ist natürlich ein starkes Indiz, dass es keine durchgreifende Besserung der Lage gibt – sage mir, was Du planst und ich sage Dir, wie die Lage ist. Den Anfang machte mal wieder der sattsam bekannte Jörg Asmussen – diesmal mit dem Hut eines EZB-Direktoriumsmitglieds auf dem Kopf. In einem ORF-Interview ließ er die Katze aus dem Sack und nannte als ein(!) mögliches Instrument „negative Einlagezinsen“. Eine solche Maßnahme müsste aber – und darüber sind sich alle Akteure bewusst – einen ganzen Rattenschwanz an neuen Zwangsmaßnahmen hinter sich herziehen. Jeder Sparer, der seine fünf Sinne beisammen hat, wird bei einer Drohung mit Negativzinsen die Beine in die Hand nehmen und der „Bank seines Vertrauens“ den Rücken kehren. Dies gälte es dann natürlich zu verhindern: Durch Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs könnten unpatriotische Spargroschen an der Republikflucht gehindert werden. Auch kursieren bereits akademische Modelle zur Teilentwertung des umlaufenden Bargelds, das nach diesen Überlegungen einfach nur noch unattraktiver als das Bankkonto gemacht werden müsste. Am elegantesten wäre natürlich ein Bargeldverbot mit dem „en passant“ auch noch weitergehende Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen in Kraft gesetzt werden könnten. Solange der Politik keine Kehrtwende zurück zur wirtschaftlichen Vernunft und zur Achtung der Freiheit der Bürger gelingt, ist ein solcher Weg der verschärften Finanziellen Repression ziemlich vorhersehbar. Bei Smart Investor warnen wir schon seit vielen Jahren vor diesen (Fehl-)Entwicklungen und finden leider immer wieder traurige Bestätigung.

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    Verfasst von 2Ralf Flierl
    Smart Investor Weekly SIW 46/2013 Wie tief ist tief genug? Vor der nächsten Stufe der Finanziellen Repression

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