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    Meinung  3235  8 Kommentare Ein Plan, ein Plan! Wir brauchen einen Plan!

    Als sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 17. Juni 2010 in Brüssel trafen, sollten die richtigen Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen werden. Ergebnis war eine neue „Strategie für Beschäftigung und intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“, kurz: „Europa 2020“.

    Dieser 10-Jahres-Plan sollte endlich die Daumenschrauben für die Schuldenländer anziehen. Die Sicherstellung der Qualität der statistischen Daten war eines der großen Themen. Denn das gerade kollektiv gerettete Griechenland hatte in dieser Frage offensichtliche Mängel. Ursprünglich meldete die Hellenische Republik ein Defizit für 2009 von 3,7 Prozent nach Brüssel. Die neue Regierung Papandreou korrigierte die Zahlen auf 12,7 Prozent, dann waren es plötzlich 13,6 Prozent und am Ende sogar 15,4 Prozent. Die Folge war eine Stärkung des Europäischen Statistikamtes Eurostat sowie die Zusage aller, die Unabhängigkeit der nationalen Statistikämter zu sichern.

    Die wohl weitreichendste Maßnahme des 10-Jahres-Plans war aber das „Europäische Semester“. Wer „Semester“ hört, denkt vielleicht an eine Hochschule und wer „Europäisches Semester“ liest, meint es könnte auch eine Sommerakademie am Bodensee sein, die aus dem EU-Haushalt finanziert wird – doch weit gefehlt. Es ist eine frühzeitige Koordinierung und Überwachung der nationalen Haushaltsverfahren und der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme für die nachfolgenden Jahre durch die 10-Jahres-Planer in der Kommission. Das Ziel ist, „makroökonomische Ungleichgewichte“, die die EU-Volkswirtschaften in ihrer Entwicklung beeinträchtigen und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden können, zu erkennen und zu beheben.

    Da das offensichtlich nicht so einfach ist, machte sich der 10-Jahres-Planer in der EU-Kommission an die Arbeit und entwickelt einen Unterplan. Erst erstellt er einen „Warnmechanismus-Bericht“, in dem festgestellt wird, welche Länder vertieft auf ihre ökonomischen und politischen Defizite untersucht werden müssen. Der zweite Schritt ist eine vertiefte Prüfung des „Sünderlandes“ im Rahmen eines „In-depth Review“, anschließend unterbreitet der 10-Jahres-Planer „Politikempfehlungen“. Werden diese nicht umgesetzt, können Mitgliedstaaten auch mit finanziellen Sanktionen (bis zu 0,1 Prozent des BIP) belegt werden.

    Das schlichte Gemüt könnte denken, Deutschland beträfe das alles nicht. Aber vielleicht doch! Denn wie so oft auf europäischer Ebene kommt es auf das Kleingedruckte an. Was ein „makroökonomisches Ungleichgewicht“ ist, wird klar definiert. „Externe Ungleichgewichte“ können Leistungsbilanzsalden im Dreijahresdurchschnitt zum Bruttoinlandsprodukt von mehr als + 6 Prozent und mehr als – 4 Prozent sein. Der Überschuß der deutschen Volkswirtschaft liegt im Dreijahresdurchschnitt inzwischen bei + 6,5 Prozent und ist deshalb im Fokus des „Warnmechanismusberichts 2014“, den die 10-Jahres-Planer vor wenigen Tagen vorgelegt haben. Grob gesprochen, verkaufen deutsche Unternehmen mehr Autos (und andere Güter und Dienstleistungen) an Verbraucher im Ausland, als heimische Kunden Autos von ausländischen Unternehmen erwerben. Als Problem erachten die 10-Jahres-Planer, dass der Abbau der privaten Verschuldung in Deutschland „einer lebhafteren privaten Nachfrage im Wege steht“ und daher die Binnenkonjunktur in Deutschland schwächelt. Die Botschaft der 10-Jahres-Planer ist klar: mehr Verschuldung ist besser als Sparen.

    Für die 10-Jahres-Planer ist das Optimum die Gleichheit. Alle Länder sollen genauso viel Autos, Möbel und Rotwein exportieren wie sie gleichzeitig Fahrräder, Schweinehälften und Kopfschmerztabletten importieren. Dann gibt es keine Wachstumsschwächen, keine Arbeitslosen und keine Schuldenberge mehr. Doch das ganze kommt nicht von alleine, sondern muss geplant werden, mindestens in einem 10-Jahres-Plan. Dieser konstruktivistische Ansatz ist schon im Kern falsch, denn er glaubt, der Staat könne das Verhalten von Millionen von Menschen planen. Dabei exportiert nicht der Staat BMWs, Poggenpohl-Küchen und badischen Rotwein nach Italien, China und in die USA, sondern es sind Unternehmen, die individuell handeln, ein Risiko eingehen und hoffen, dass der Käufer im Ausland die Ware bezahlt. Und es sind Eigentümer dieser Unternehmen, die entweder die Gewinne dieser Geschäfte konsumieren oder investieren. Sehr wahrscheinlich fragen sich diese Eigentümer und ihre Mitarbeiter bei ihren Konsumentscheidungen nicht, ob das Produkt im Ausland oder im Inland hergestellt wurde. Die Investitionsentscheidungen dieser Eigentümer folgen hoffentlich den Interessen der Unternehmen, damit sie wachsen können. Der 10-Jahres-Plan der EU ist im besten Fall untauglich. Wahrscheinlich ist er schädlich für den Wohlstand in Europa, weil er die Freiheit beschränkt und die Verantwortung kollektiviert. 




    Frank Schäffler
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    Frank Schäffler (FDP) ist als klassischer Liberaler ein Kritiker der Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung und des geldpolitischen Kurses der EZB. Der Autor veröffentlicht wöchentlich seinen Weblog, den man hier auf seiner Homepage anfordern kann.
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    Verfasst von 2Frank Schäffler
    Meinung Ein Plan, ein Plan! Wir brauchen einen Plan! Als sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am 17. Juni 2010 in Brüssel trafen, sollten die richtigen Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen werden. Heraus kam ein 10-Jahresplan: „Europa 2020“. Es kommt auf das Kleingedruckte an!

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