Starökonom Jeffrey D. Sachs
"Kurs des Westens in der Krim-Krise ist gefährlich"
Der US-Ökonom Jeffrey D. Sachs plädiert in der Krim-Krise für einen gelassenen Umgang mit Russland. Dennoch sei das Vorgehen von Russlands Präsident Wladimir Putin nicht zu entschuldigen. „Die Antwort Russlands auf den Umsturz ist gefährlich. Jegliches einseitige militärische Handeln ist illegal.“ Aber statt Russland zu drohen, solle der Westen besser „die Lage beruhigen und nicht noch weiter anheizen“, sagte Sachs im Interview mit „Zeit Online“.
„Uns muss klar sein: Hier steht eine Menge auf dem Spiel“, so der Ökonom weiter. „Russland wird eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine nicht akzeptieren. Das anzustreben, wäre ein gefährlicher Schachzug, auch für die Nato.“ Allerdings habe niemand Interesse an einer weiteren Eskalation. „Es gibt die Möglichkeit für eine Verhandlungslösung, bei der die Grenzen der Ukraine respektiert werden.“
Die Krim-Krise könne nicht gegen Russland gelöst werden. „Wer das denkt, blendet die politische Realität aus.“ Das Land sei der wichtigste Gläubiger der Ukraine und habe wichtige Sicherheitsinteressen in der Region. „Die Ukraine muss jetzt sehr genau aufpassen“, so der US-Ökonom im Interview. Auf sich alleine gestellt wäre die Wirtschaft des Landes kaum überlebensfähig. Russland versorge das ganze Land mit Energie und Kapital. „Eine Regierung mit einem starken anti-russischen Zug würde den ukrainischen Interessen sehr schaden.
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Sachs verglich das Verhältnis Russlands zur Ukraine mit dem der USA zu Kanada. „Nehmen wir einmal an, Kanada und China einigen sich auf ein Freihandelsabkommen – ohne die USA vorher informiert zu haben“, sagte er. Die Regierung würde von anti-amerikanischen Demonstranten gestürzt, und chinesische Diplomaten reisten nach Kanada, um das Land auf ihre Seite zu ziehen. „Ich habe keine Ahnung, wie genau die USA reagieren würden – aber sehr erfreut wären sie nicht. Eine gelassene Antwort dürfte man nicht erwarten.“