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    Mittelstandsanleihen  2048  0 Kommentare Markt für Mittelstandsanleihen – ein Pulverfass?

    Für Privatanleger schienen Mittelstandsanleihen die Lösung aller Anlageprobleme. Hohe Verzinsung auf der einen Seite und die Sicherheit des "deutschen Mittelstandes" auf der anderen. Dass hohe Zinsen immer auch mit hohen Risiken verbunden sind, wurde oft verdrängt. Für viele Anleger stellt sich jetzt die Frage: Was kann ich tun, wenn der Emittent meiner Anleihe nicht mehr zahlen kann?

    Der Start der Mittelstandsanleihen war verheißungsvoll. Innerhalb kürzester Zeit etablierten sich an etlichen deutschen Börsen spezielle Marktsegmente für die in der Regel hochverzinslichen Papiere. Unter den mittlerweile über 100 Emittenten tauchten zunehmend bekannte Namen auf. Käufer der Anleihen waren in erster Linie Privatanleger. Mittlerweile hat sich der anfängliche Rausch in einen ausgewachsenen Kater verwandelt. 15 Unternehmen können das geliehene Geld nicht mehr zurückzahlen und befinden sich in einer Sanierung bzw. Restrukturierung oder haben Insolvenz angemeldet. Die Liste reicht vom Solarmodulhersteller Solar Millennium über den Personaldienstleister hkw bis zum Brühwürfelproduzenten Zamek. Bisher letzter Fall war der Maschinenbauer Rena. Um zu prognostizieren, dass im laufenden Jahr noch weitere Gesellschaften folgen, muss man wohl kein Wahrsager sein, denn die jährlichen Zinsverbindlichkeiten aus den Anleihen gehen in die Millionen. Noch schlimmer dürfte es allerdings in den Jahren 2015 und 2016 werden. Dann läuft das Gros der aktuellen Unternehmensanleihen aus. Die Unternehmen müssen also entweder das Kapital komplett an die Investoren zurückzahlen oder eine Anschlussfinanzierung hinbekommen. Das dürfte bei einer ganzen Reihe von Gesellschaften nicht funktionieren. Für betroffene Anleger keine gute Nachricht.

    Warum die Anlageklasse so schnell so beliebt war, ist einfach zu erklären. Durch strengere Eigenkapitalvorschriften (Basel III) und eine striktere Kreditvergabepraxis bei den Banken, bleibt vielen Firmen nicht anderes übrig, als nach alternativen Finanzierungsmethoden Ausschau zu halten. Auf der anderen Seite suchen private Investoren angesichts einer Mischung aus Dauerzinstief, mit Rückschlagspotenzial behafteten Aktienkursen und großer Unsicherheit bei Staatsanleihen nach anderen, attraktiven Anlagezielen. Dabei zeigt sich jetzt, dass bei manchen Anleihen selbst die vermeintlich hohen Zinsen für das dahinter stehende Risiko eigentlich noch deutlich zu niedrig waren. Denn im Fall einer Insolvenz stehen die Anleihegläubiger nicht gerade glänzend da: Bei einer Pleite eines Emittenten kann es sogar vorkommen, dass die Papiere nur nachrangig bedient. Das heißt, die Bondbesitzer bekommen erst eine Zahlung wenn die regulären Gläubiger vollständig befriedigt wurden. . Ob eine Anleihe nur nachrangig befriedigt wird, ergibt sich aus den Anleihebedingungen, welche im Wertpapierprospekt enthalten sind.

    Doch was tun, wenn das Kind schon im Brunnen liegt? Dann sollten die Anleihegläubiger möglichst schnell ihre Interessen bündeln. Denn eins ist klar: Nur wenn die Gläubiger auf den in solchen Fällen vorgesehenen Anleihegläubigerversammlungen mit einer Stimme sprechen, haben sie eine reelle Chance, ihre Forderungen erfolgreich durchzusetzen und ihre Interessen zu wahren. Andernfalls droht eine Zersplitterung der Interessen, die in der Regel zu schlechteren Ergebnissen führt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass institutionelle Investoren, die solche Anleihen im Krisenfall billig aufkaufen, häufig an einer schnellen Lösung interessiert sind, um so das schnelle Geld zu verdienen. Für die Privatanleger ist das meist ein schlechtes Geschäft. Ein probates Mittel, um Interessenkonflikte dieser Art erfolgreich in den Griff zu bekommen, ist der sogenannte „Gemeinsame Vertreter“, der im Rahmen der  Gläubigerversammlung gewählt werden kann und dann gegenüber Unternehmen und / oder Insolvenzverwalter als Interessenvertreter für die Anleihegläubiger auftritt. Dieser übernimmt auch regelmäßig im Insolvenzfall die Forderungsanmeldung für die Anleihegläubiger und vertritt die Interessen der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren. Zusätzliche Kosten entstehen betroffenen Anlegern dadurch übrigens nicht. Das Gesetz sieht vor, dass das Unternehmen die Kosten des Gemeinsamen Vertreters tragen muss.





    Klaus Nieding
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    Klaus Nieding, Vorstand der Anwaltskanzlei Nieding + Barth, ist einer der renommiertesten Anlegerschützer Deutschlands. Der Fachanwalt für Kapitalanlagerecht wird häufig vom Finanzausschuss des deutschen Bundestags als Sachverständiger zum Thema Bank- und Kapitalanlagerecht gehört. Er ist Vizepräsident des Anlegerschutzverbandes DSW (Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz) und Dozent für die Fachanwaltsausbildung „Bank- und Kapitalmarktrecht“.
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    Verfasst von 2Klaus Nieding
    Mittelstandsanleihen Markt für Mittelstandsanleihen – ein Pulverfass? Der Start der Mittelstandsanleihen war verheißungsvoll. Innerhalb kürzester Zeit etablierten sich an etlichen deutschen Börsen spezielle Marktsegmente für die in der Regel hochverzinslichen Papiere. Mittlerweile hat sich der anfängliche Rausch in einen ausgewachsenen Kater verwandelt.

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