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    Spekulationsblasen  4112  4 Kommentare Finger weg vom Immobilienkauf?

    Historisch niedrige Zinsen, horrende Preise für Immobilien: Manövriert sich der deutsche Immobilienmarkt geradewegs in eine Blase?
     
    Die Zinsen sind so tief wie nie. Nicht erst seit der neuerlichen Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank mitsamt historisch einmaliger Negativzinsen fragen sich viele Sparer, wie sie ihr Erspartes am lukrativsten – oder besser: so, dass es am wenigsten Gefahr läuft, an Wert zu verlieren – anlegen können. Da gerade Aktien in Deutschland (noch) keine besonders allgemein nachgefragte Anlage-Strategie sind, erscheint vielen die Investition in eine Immobilie am sinnvollsten. Doch nicht nur Privatanleger, auch große Investoren wie Lebensversicherer oder Pensionsfonds investieren vermehrt in Immobilien, berichtet das „Handelsblatt“. 
     
    Muss der Immobilienmarkt also die Last, die den Sparern durch die extrem niedrigen Zinsen aufgebürdet wurde, ausbalancieren? In gewisser Weise schon. Parallel zu den generell niedrigen Zinsen sind natürlich auch die Zinsen für Immobilienkredite historisch niedrig. „Die Zinsen für Immobilienkredite lagen über Jahrzehnte hinweg ein Vielfaches über dem jetzigen Niveau“, zitiert das Blatt Michiel Goris, Vorstandsvorsitzender der Interhyp AG. Das macht einen Haus- oder Wohnungskauf auf den ersten Blick natürlich noch lukrativer. Ob für den Eigenbedarf oder zum Vermieten. Eine Immobilie scheint für viele Sparer der einzige Ausweg aus dem Niedrigzins-Dilemma.
     
    Günstige Kredite treiben Preise - doch nicht überall
     
    Doch die Sache hat einen Haken. Während die Nachfrage nach Immobilien steigt, bleibt das Angebot konstant. Und das gerade in vielen Städten auf sehr knappem Niveau. Steigende Nachfrage bei knappem Angebot ergibt: Na klar, steigende Preise. Zu den simplen Marktlogiken von Angebot und Nachfrage gesellt sich noch ein zweiter preistreibender Faktor: Verkäufer antizipieren, dass Käufer günstig wie schon lange nicht mehr an Kredite kommen. Und das wird sie wohl kaum dazu bringen, einen eher niedrigen Preis zu verlangen. Nein, die günstigen Immobilienkredite verstärken den Druck auf die Preise. Wer zum Verkauf anbietet, ist in einer extrem lukrativen Position. Wer kaufen will, zahlt oft ein Vielfaches vom durchschnittlichen Marktpreis. Die Bundesbank schätzt laut „Handelsblatt“, die Überwertung betrage in Ballungsräumen bis zu 25 Prozent. In  München sollen schon Immobilien für das 30-fache einer Jahresmiete über den Tisch gegangen sein, heißt es. Dass die Preise gerade in den Metropolen explodieren, zeige auch eine Auswertung des Verbandes der Pfandbriefbanken für "Handelsblatt Online". 
     
    Doch die Preise steigen nicht überall. In ländlichen, bevölkerungsschwachen Regionen sinken sie sogar: Rückgänge von bis zu 15 Prozent seien in Teilen Brandenburgs, Thüringens oder Sachsen-Anhalts zu beobachten, berichtet das Blatt. Dort koste ein Quadratmeter häufig nicht einmal 550 Euro. In den Städten und bevölkerungsstarken Regionen hingegen, scheinen die Preise völlig zu explodieren: In München seien die „Preise für freistehende Einfamilienhäuser mit knapp 6.100 Euro pro Quadratmeter am höchsten“, schreibt das Blatt. Auch die Preise im Landkreis München (5.450 Euro) und Starnberg (4.160 Euro) lassen sich sehen. 
     
    Anzeichen doch besorgniserregend?
     
    „In einigen Ländern – auch in Deutschland – sehen wir die Gefahr einer Immobilienblase“, zitiert das Blatt den Präsidenten der Bundesbank und Mitglied des EZB-Rats Jens Weidmann. Von einer akuten Gefahr der Blasenbildung am deutschen Immobilienmarkt, spricht noch kaum ein Experte. Aber die Anzeichen seien zumindest besorgniserregend, heißt es. „Die Erfahrung der vergangenen Jahre lehrt, dass Realzinsen, die unterhalb des Wirtschaftswachstums liegen, auf mittlere bis lange Sicht die Entstehung von Blasen begünstigen. Für Deutschland insgesamt ist zwar derzeit nicht von einer Immobilienpreisblase auszugehen“, zitiert das „Handelsblatt“ Axel Angermann, Chefvolkswirt bei Feri EuroRating. Sogar Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach zuletzt von Anzeichen im Immobiliensektor, „die gefährlich sind“. „Auf die Dauer ist das Maß an Liquidität zu groß und das Zinsniveau zu niedrig“, so Schäuble laut „dpa-AFX“ am Donnerstag in Berlin. 
     
    Also: Finger weg vom Immobilienkauf?
     
    Droht also eine Immobilienblase? Befeuert von der EZB, durch immer billigeres Geld? Heißt das zumindest in Großstädten lieber schnell Finger weg vom Immobilienkauf? Nein, sagt die Bundesbank. Zwar warnte sie Bundesbank in ihrem Monatsbericht Anfang der Woche, Immobilien seien in deutschen Ballungsräumen viel zu teuer. Die Gefahr einer Immobilienblase aber verneinte sie, so dpa-AFX. Auch Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft, beschwichtigt gegenüber dem „Handelsblatt“: „Nur wenn die Zinsen überraschend und kräftig steigen würden, könnte dies zu einer Preiskorrektur führen – hiervon ist jedoch nicht auszugehen.“
     
    Ist der Immobilienmarkt also schon vollkommen abhängig von Zinsentscheiden der EZB? Zumindest klingt das, was Experten sagen, so. „Nicht zuletzt infolge der jüngsten Maßnahmen der EZB werden die Zinsen auf absehbare Zeit sehr niedrig bleiben“, zitiert das Blatt Angermann. „Wir rechnen zwar nicht damit, dass das Zinstief des vergangenen Jahres noch einmal unterschritten wird, sehen aber vorläufig auch noch keine grundlegende Zinswende.“ Alles also halb so schlimm? Erspartes in die Hand nehmen und ab zum Immobilienmakler um die Ecke? Zumindest einen sehr bedeutenden Ratschlag gibt der Vorstandsvorsitzende der Wertgrund Immobilen AG, Thomas Meyer, laut „Handelsblatt“ allen Anlegern, die überlegen, in eine Immobilie zu investieren: „Das größte Risiko ist, dass die Investitionsentscheidung dank der niedrigen Zinsen abgekoppelt wird von anderen Fundamentaldaten. Privatanleger dürfen deshalb niemals ihr gesamtes Erspartes in eine einzelne Eigentumswohnung investieren.“
     





    wallstreetONLINE Redaktion
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    Spekulationsblasen Finger weg vom Immobilienkauf? Historisch niedrige Zinsen, horrende Preise für Immobilien: Manövriert sich der deutsche Immobilienmarkt geradewegs in eine Blase? Die Warnung mehren sich.

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