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    EZB-Geldpolitik  2498  1 Kommentar Das „kleinere Übel“ oder die Maximierung des langfristigen Schadens...

    Ausgerechnet die Bundesbank, sonst eiserne Verfechterin von Zurückhaltung bei Lohnforderungen, spricht sich für höhere Löhne aus. Doch was auf den ersten Blick verwundern mag, ist in Wahrheit ein logischer Schritt. Wieso?

    Bundesbank-Chef für höhere Tariflöhne“- bei dieser Schlagzeile rieb sich so mancher Branchenkenner verwundert die Augen. Ausgerechnet die Bundesbank, die sonst stets zur Zurückhaltung bei Lohnsteigerungen mahnt, soll sich jetzt für steigende Löhne aussprechen? Kaum zu glauben, aber wahr. In der Tat bezifferte Bundesbankchef Jens Weidmann in einem Interview den volkswirtschaftlich verträglichen Verteilungsspielraum auf rund drei Prozent. Unisono hatten zuvor auch Bundesbank-Chefvolkswirt Jens Ulbrich sowie Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) für höhere Tariflöhne plädiert.

    Stefan Bielmeier war ebenfalls überrascht über den ungewöhnlichen Vorstoß der Bundesbank. In seinem Kommentar für die „WirtschaftsWoche“ hat der Chefvolkswirt der DZ Bank jedoch eine einfache Erklärung für den Vorschlag: Er sei schlicht und ergreifend das „kleinere Übel“.

    Ankauf von Staatsanleihen als Ultima Ratio

    Denn laut Bielmeier droht der Bundesbank von Seiten der EZB ein noch viel größeres Übel, sollte der Wirtschaftsmotor der Euro-Zone nicht endlich anspringen. Seit Monaten versucht EZB-Chef Mario Draghi die Konjunktur anzukurbeln und so die Inflation in die Höhe zu treiben. Erst am Donnerstag vergangene Woche beließ die EZB daher den Leitzins abermals auf einem historischen Tief von 0,15 Prozent. Es ist bereits der dritte Monat in Folge und ein Ende der Niedrigzinspolitik ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, parallel zum niedrigen Leitzins wurde im Juni erstmals gar ein Negativzins für Bankeneinlagen eingeführt. Es sind die fast schon verzweifelten Versuche der EZB, die Kreditvergabe zu erhöhen. Geholfen hat es bislang wenig, noch immer stagniert die Wirtschaft und noch immer spukt das Gespenst der Deflation durch die Euro-Zone. Doch die EZB hat noch einen letzten Pfeil im Köcher und hatte zuletzt immer wieder durchblicken lassen, ihn in naher Zukunft auch zu ziehen, sollte die Inflation weiterhin auf einem derart niedrigen Niveau verbleiben. Die Rede ist von einem „Quantitative Easing“, dem Ankauf von Staatsanleihen.

    Besser Lohnsteigerung als Anleihenkauf

    Diese Maßnahme stößt nicht unbedingt auf breite Zustimmung. Viele stehen dem Ankauf von Staatsanleihen kritisch bis ablehnend gegenüber. Laut Bielmeier hat insbesondere die Bundesbank größte Bedenken. Vor diesem Hintergrund seien höhere Lohnsteigerungen in den Augen der Bundesbank das „kleinere Übel“, weil sie in Deutschland für Preissteigerungen und damit zugleich für Entlastung an der „Deflationsfront“ sorgen würden, so der Chefvolkswirt der DZ Bank.

    Dass sich auch die EZB für höhere Löhne ausspricht, ist für Bielmeier ebenfalls keine Überraschung, da sie ihr gewissermaßen die Arbeit abnehmen würden. Bielmeier zufolge würde ein stärkerer Lohnanstieg den Wettbewerbsvorteil Deutschlands im Euroraum mit der Zeit dämpfen und damit die Notenbankpolitik etwas einfacher machen.

    EZB-Politik maximiert langfristigen Schaden

    Bielmeier selbst findet diesen Ansatz falsch. „Anstatt zu versuchen, den Durchschnitt der Euro-Länder über eine entsprechend höhere Teuerungsrate in wirtschaftlich gesunden Ländern wie Deutschland anzuheben, sollte man lieber eine zeitweise Abweichung vom Inflationsziel nach unten aufgrund der strukturellen Anpassungsprozesse tolerieren“, so sein Plädoyer. Allerdings sei die aktuelle Debatte auch ein Indiz für die generelle Überforderung der Geldpolitik. Tatsächlich mehreren sich in letzter Zeit die Stimmen, die die jüngsten Maßnahmen der EZB teils heftig kritisieren. Daniel Stelter etwa, ehemaliger Partner bei Boston Consulting und Gründer des makroökonomischen Diskussionsforums „Beyond the obvious“, nannte die Euro-Rettung der EZB einen „Pyrrhussieg“. Kurzfristig habe die EZB-Politik die Schmerzen zwar gelindert, jedoch den langfristigen Schaden maximiert, schreibt er in der „WirtschaftsWoche“.





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