Mittelstandsanleihen
Anleihen für den Mittelstand: Lukrativ, aber riskant - und auf dem Scheideweg
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Es ist ein Szenario, das vielen Anlegern, aber auch Otto-Normal-Haushalten Sorgen bereiten dürfte: Im Mittelstand droht eine Pleitewelle. Das erst 2010 geschaffene Mittelstandssegment für
Anleihen steht auf dem Scheideweg.
Seit 2010 können mittelständische Unternehmen sogenannte Minibonds ausgeben. So sollte den Emittenten eine neue Möglichkeit zur Finanzierung gegeben werden. Nicht mehr länger sind allein
Bankkredite der Weg zu liquiden Mitteln. Das klingt lukrativ. Auch für Anleger, denn die Mittelstandsanleihen haben oft hohe Renditen, schreibt das „Handelsblatt“.
Das noch junge Segment der Mittelstandsanleihen steht vor schwierigen Zeiten - es drohen weitere Zahlungsengpässe
Doch ebenfalls seit 2010 sind bereits Anleihen mit einem Volumen von fast einer Milliarde Euro ausgefallen. Nun steht das Segment auf dem Scheideweg. Grund ist die Insolvenz des Münchner
Immobilienentwicklers Golden Gate. Eine Pleite von vielen? Nein, so einfach ist das diesmal nicht, berichtet das „Handelsblatt“. Denn
im Gegensatz zu den 26 zuvor im Mittelstandssegment ausgefallenen Anleihen, stand Golden Gate kurz vor der fälligen Tilgung einer Anleihe im Wert von 30 Millionen Euro. Doch soweit kam es nicht.
Das Unternehmen musste beim Münchner Amtsgericht Insolvenz beantragen. „Golden Gate ist damit der erste Emittent einer Mittelstandsanleihe, dem die Rückzahlung seines Minibonds das Genick gebrochen
hat“, schreibt das Blatt. Der erste – von vielen?
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Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Anleihen war die jetzt ausgefallene Anleihe nur für eine kürzere Dauer von dreieinhalb Jahren aufgelegt. Das wiederum heißt, dass den meisten
mittelständischen Unternehmen erst in den kommenden Jahren die fällige Tilgung ins Haus steht. Die Ratingagentur Scope hat jedoch Zweifel, dass die bis 2018 fällig 5,4 Milliarden Euro aufgebracht
werden können. Die Agentur sieht „steigende Refinanzierungsrisiken“ und rechnet mit „weiteren Ausfällen“, schreibt das „Handelsblatt“. Folgen also weitere Insolvenzen?
Anleihenumtausch oder frühzeitiger Rückzug von Anleihen statt Insolvenz?
Dem könnten die Unternehmen im Falle schwieriger Finanzen zuvorkommen. Etwa indem sie ihren Gläubigern einen Umtausch der Anleihen vorschlagen. Dem Bericht zufolge so geschehen bei Air Berlin. „Der
Umtausch von laufenden Anleihen in Anleihen mit angepassten Konditionen ist eine Möglichkeit“, zitiert das Blatt Tobias Spies, Leiter Fixed Income beim Vermögensverwalter Huber, Reuss &
Kollegen.
Oder eine andere mögliche Vorgehensweise: Unternehmen könnten ihre Anleihe zurückziehen, noch bevor sie fällig wird, schreibt das „Handelsblatt“. Dazu sagt Spies: „Viele lassen sich das Recht auf
eine frühe Kündigung in den Anleihebedingungen festschreiben. Unternehmen kündigen die Anleihe, gleichen Gläubigern die entgangenen künftigen Kupons aus – und geben mit niedrigeren Zinsen eine neue
Anleihe aus.“
Unternehmen, die diesbezüglich Gedanken hegen, sollten sich jedoch hüten, zu lange zu warten, schreibt das Blatt. Denn noch vertrauen Anleger dem Mittelstandssegment. Folgen auf die Insolvenz von
Golden Gate weitere Mittelständler, die ihre fällige Anleihe nicht tilgen können, könnte sich das Vertrauen aber sehr schnell in Misstrauen wenden. „Dann könnte es sein, dass das Image des Segments
plötzlich so negativ behaftet ist, dass auch solide Mittelständler kein Geld mehr bekommen, wenn ihre Anleihe fällig wird – oder nur zu sehr schlechten Konditionen“, zitiert das Blatt Spies.