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    Sinn vs. Schmieding  4632  0 Kommentare Bad Bank oder Märchen? Ökonomen streiten über EZB-Maßnahmen

    Die EZB mutiere zur Bad Bank, warnt der Eine. Die Schrottbank sei ein Märchen, meint der Andere. Hans-Werner Sinn und Holger Schmieding – Zwei Ökonomen, deren Meinung zur jüngsten EZB-Entscheidung nicht unterschiedlicher sein könnte. Aber wer von beiden hat recht?

    Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), künftig auch ABS-Papiere mit geringerer Bonität, so genannte Ramschpapiere aufzukaufen, löste in der (deutschen) Finanzwelt einen wahren Sturm der Entrüstung aus. Von „Ramschbank“ und „finanziellem Atomendlager“ war die Rede, EZB-Chef Mario Draghi würde das Vertrauen in den Euro verspielen und sei daher eine Fehlbesetzung (Lesen Sie hierzu: Von Ramschbank bis Fehlbesetzung – Die Reaktionen zur EZB-Entscheidung). Einer der härtesten Kritiker: Hans-Werner Sinn.

    EZB überschreite als "Bad Bank" ihr Mandat

    Der ifo-Präsident machte seinem Ärger in seiner Kolumne für die „WirtschaftsWoche“ Luft und ließ dabei kein gutes Haar an der EZB. Indem sie ABS-Papiere aufkaufe, würde sie die „absehbaren Abschreibungsverluste der Banken“ sozialisieren, sprich die Ausfallrisiken in Höhe „von vielen Hunderten von Milliarden Euro“ auf die Steuerzahlen der Euro-Zone übertragen. Damit mutiere die EZB zur Bad Bank.

    Für Sinn ist dieser Schritt eine fiskalische Rettungsmaßnahme, die der EZB gar nicht zustehe. Das Argument der Notenbanker, die Maßnahmen dienten der Eindämmung der Deflationsgefahren, will der ifo-Präsident nicht gelten lassen. Dies sei ein vorgeschobenes Argument, so Sinn. Stattdessen überschreite die EZB ihr Mandat, da ihr wirtschaftspolitische Maßnahmen vertraglich untersagt seien. Aus diesem Grund fordert Sinn die Bundesregierung zum Eingreifen auf. Sollte sie der EZB jedoch kein Einhalt gebieten, so könne sie jeder Bürger vor dem Verfassungsgericht dazu zwingen.

    Hans-Werner Sinn hat in der Branche Gewicht, nicht umsonst ist er laut dem „FAZ-Ökonomenranking 2013“ der am meisten in den Medien zitierte Finanzexperte. Allerdings sind Sinns Thesen ebenso streitbar wie seine Person selbst. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, hält Sinns Kritik an den Anleihenkäufen der EZB jedenfalls für unberechtigt – und holt in der WirtschaftsWoche" zum Gegenschlag aus.

    Vorwurf ist "volkswirtschaftlicher Anfängerfehler" 

    Die EZB, bald eine Schrottbank? Ein Märchen, meint Schmieding. Ihm zufolge basiere der Vorwurf, die EZB mutiere zu einer Bad Bank, auf einem „volkwirtschaftlichen Anfängerfehler“. Einkommen, Wohlstand, Arbeitsplätze und Risiken seien nämlich keine fest vorgegebenen Größen und könnten daher nicht einfach umverteilt werden. Vielmehr würden sie entscheidend von der Wirtschaftpolitik gestaltet werden. Eine falsche Geldpolitik erhöhe die Risiken, eine angemessene Geldpolitik mindere die Risiken, schreibt Schmieding.

    Kritiker, allen voran Sinn, werfen der EZB vor, sich durch die ABS-Käufe ein zu hohes Ausfallrisiko aufzuhalsen. Dem widerspricht Schmieding. In Wahrheit seien die Ausfallrisiken gering, noch dazu stehen den Risiken zusätzliche Zinsgewinne gegenüber, die die EZB anteilig an die deutschen Steuerzahler weiterreiche. „Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass Einzelverluste der EZB aus solchen Papieren ihre zusätzlichen Zinsgewinne aufzehren“, so Schmieding.

    Nichtstun wäre riskanter

    Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank hält es daher für falsch, allein auf hypothetische Risiken zu schauen. Vielmehr sei es an der EZB, mit einer angemessenen Geldpolitik das Risiko einer Rezession zu schmälern, weil sie damit auch das Ausfallrisiko für Wertpapiere verringern würde. Sein Fazit: „In einem banalen Sinn haben die Kritiker natürlich recht: Menschliches Handeln birgt immer Chancen und Risiken. Aber Nichtstun wäre weit riskanter. Eine Zentralbank, die keine Geldpolitik betriebe, könnte mit einer Minibilanz weder einen Gewinn machen noch ein Risiko eingehen.“

    Duell um die Deutungshoheit

    Schmieding vs. Sinn, es ist ein Duell um die Deutungshoheit der EZB-Maßnahmen. Ist der Ankauf von Anleihen ein notwendiger Schritt, weil alle anderen geldpolitischen Maßnahmen, um die Inflation anzuheizen, erschöpft sind? Wenn ja, dann wäre die EZB sogar per Mandat zu diesem Schritt verpflichtet. So zumindest argumentiert Holger Schmieding. Hans-Werner Sinn vertritt die gegenteilige These. Die EZB überschreitet mit den ABS-Käufen ihr Mandat, indem sie Geldpolitik mit Wirtschaftspolitik verwechsle. Es sei daher Aufgabe der Politik bzw. der Bürger, der EZB Einhalt zu gebieten. Aber wer von beiden hat nun Recht?





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