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     1259  0 Kommentare Ölpreis ist ein guter Seismograph

    Die Notierung für das schwarze Gold ist auf Talfahrt. Etliche Investoren sind der Überzeugung, dass ein sinkender Ölpreis mehr Geld in den Taschen der Konsumenten belässt und deshalb eine gute Nachricht ist. Wenn man sich die Daten allerdings genauer anschaut, kommt man auf eine ganz andere Idee. Der Ölpreis ist nämlich ein guter Seismograph für den Aktienmarkt und hat in den letzten Wochen trotz Ukraine-Krise und Nahost-Sorgen seinen eigenen Mini-Crash erlebt. Jetzt gilt es zwischen den Zeilen zu lesen und die Bewegung bei Öl zu beachten.

    Kräftiger Rückgang beim Ölpreis: Zum erste Mal seit November 2012 notiert die US-Sorte WTI wieder in der Nähe der Marke von 85 Dollar je Barrel. Verantwortlich für den Abwärtstrend sind die zunehmend schwachen Konjunkturdaten, aus der Euro-Zone, Japan aber auch aus China. So war die Industrieproduktion in Deutschland im August um vier Prozent gegenüber dem Vormonat geschrumpft. Das ist der stärkste Rückgang seit Januar 2009. Da die Aussichten für die Konjunkturlokomotive der Euro-Zone sich stark eintrüben, sieht es für die Euro-Zone insgesamt zunehmend schlecht aus.

    „Da sich sowohl Lage- als auch Erwartungskomponente des Indikators klar im negativen Bereich befinden, signalisiert der sentix Konjunkturindex für Euroland derzeit Rezession“, schrieb Sebastian Wanke, Analyst bei sentix zuletzt. Das drückt die Nachfrage nach Öl. Zuletzt hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Prognose für die Weltwirtschaft für 2015 gesenkt und erklärt, dass in den Industriestaaten die hohen Schulden des privaten Sektors und der Staaten die Konjunkturerholung beeinträchtigen würden.

    Ölnachfrage schwächelt

    WTI in $ seit einem Jahr

    WTI in $ seit einem Jahr

    Wegen der Eintrübung der Konjunkturperspektiven hat das US-Energieministerium die Prognose für den weltweiten Verbrauch für 2014 auf 91,47 Mio. Barrel und für 2015 auf 92,71 Mio. Barrel gekürzt. „Langsam aber sicher realisiert der Markt, dass die schwache Nachfrage nach Öl der entscheidende Grund für den Preisrückgang ist“, sagte Amrita Sen, Analystin bei der Londoner Beratungsfirma Energy Aspects. Die OPEC hat bislang nichts unternommen, um den Verfall der Notierung zu stoppen. Vielmehr hat der saudische Ölförderer Saudi Aramco die Preise zuletzt deutlich gesenkt. Für Analysten deutet das auf einen Kampf um Marktanteile hin. Hedgefonds und andere spekulative Investoren verstärken den Preisverfall. Sie verkaufen kräftig Futures und Optionen, mit denen sie auf steigende Preise spekuliert haben und kaufen stattdessen Papiere auf fallende Notierungen.

    Hohes Angebot

    Während die Ölnachfrage schwach ist, ist das Angebot an dem Rohstoff reichlich. Das US-Energieministerium prognostiziert, dass wegen des Frackings die US-Ölproduktion in diesem von 7,45 Mio. Barrel auf 8,54 Mio. Barrel hochschießen wird. Im nächsten Jahr sollen es 9,5 Mio. Barrel werden. Damit würde es in der Nähe des Rekordhochs liegen. „Das bislang höchste Produktionsniveau war mit 9,6 Mio. Barrel im Jahr 1970 erreicht worden“, erklärte das Ministerium. Während der Preisrückgang die US-Wirtschaft entlastet, weil sie derzeit rund sieben Mio. Barrel pro Tag netto importiert, ist er für die russische Wirtschaft eine erhebliche Belastung.

    Laut Experten braucht das Land Preise um 100 Dollar um den Haushalt auszugleichen, erzielt Russland doch rund die Hälfte seiner Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft. Laut den Berechnungen der russischen Sberbank würde ein Ölpreis von 90 Dollar im nächsten Jahr zu einem Haushaltsdefizit von 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts führen. Die russische Zentralbank reagiert und arbeitet an einem „Stress-Szenario“, das von einem Preis von 60 Dollar ausgeht. Kurzfristig kann es aber jederzeit zu einer Erholung beim Ölpreis kommen und sie wäre auch langsam fällig.

    Nur wenn sich aber die schwachen Konjunkturdaten aus vielen Teilen der Welt fortsetzen, könnte der Abwärtstrend beim Ölpreis weitergehen. In dem Umfeld könnte dann auch der Aktienmarkt weiter korrigieren.




    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
    Ölpreis ist ein guter Seismograph Die Notierung für das schwarze Gold ist auf Talfahrt. Etliche Investoren sind der Überzeugung, dass ein sinkender Ölpreis mehr Geld in den Taschen der Konsumenten belässt und deshalb eine gute Nachricht ist. Wenn man sich die Daten allerdings …