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     1163  0 Kommentare Katerstimmung und Schlammschlacht am Zuckerhut

    Heute sind in Brasilien Präsidentschaftswahlen. Amtsinhaberin Dilma Rousseff und ihr Herausforderer liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Etliche Investoren befürchten allerdings, dass selbst bei einem Sieg des Herausforderers die Wirtschaft nicht schnell in Schwung gebracht werden kann. Dazu sind die Probleme einfach zu groß. Der Wahlkampf ist auf alle Fälle alles andere als langweilig gewesen wie auch die FAZ berichtet. Anders als Angela Merkel und Peer Steinbrück einst beim TV-Duell fassen sich die Akteure nicht mit Samthandschuhen an, im Gegenteil.

    Auf das niedrigste Niveau seit Juni ist der brasilianische Aktienmarkt abgerutscht: Gegenüber dem 52-Wochen-Hoch vom September hat der Index um 15 Prozent nachgegeben. Investoren befürchten, dass Amtsinhaberin Dilma Rousseff das Rennen am Sonntag machen könnte. In den neuesten Umfragen liegt sie knapp vor Herausforderer Aecio Neves. „Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in Brasilien erweist sich als schwer vorhersehbar. Doch wer auch immer gewinnt, steht vor einer großen Herausforderung. Das Wachstum hat sich verlangsamt, die Inflation ist hoch und die finanzielle Lage der Regierung hat sich enorm verschlechtert“, sagte Edwin Gutierrez, Experte für Emerging-Markets-Staatsanleihen bei Aberdeen Asset Management. Die Inflation lag zuletzt bei 6,75 Prozent. Und die hohen Sozialausgaben belasten die Staatskasse erheblich.

    Hausgemachte Probleme

    Banco do Brasil in € auf ein Jahr

    Banco do Brasil in € auf ein Jahr

    Brasilien ist im ersten Halbjahr in die Rezession abgerutscht. Nachdem die privaten Haushalte und die Unternehmen ihre Schulden von Anfang 2000 bis Ende 2013 auf 3,7 Billionen Real (1,5 Billionen Dollar) mehr als verzehnfacht hatten, ist die Neuaufnahme von Schulden im ersten Quartal fast zum Erliegen gekommen. Nach der Schuldensause der vergangenen Jahre braucht der private Sektor endlich eine Pause.

    Denn das Bruttoinlandsprodukt hatte sich seit Anfang 2000 lediglich vervierfacht auf zuletzt 4,8 Billionen Real. „Brasilien verzeichnet kein Wachstum, weil unter der aktuellen Regierung die Investitionen ausbleiben. Der Konsum macht einen Großteil des Bruttoinlandsprodukts aus. So erklärt sich der desaströse Rückgang der Investitionen im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt auf 16,9 Prozent“, sagte Aberdeen-Experte Gutierrez.

    Exportanteil Brasiliens ist niedrig

    Neben den hausgemachten Problemen bekommt Brasilien allerdings auch die Schwäche der Weltwirtschaft zu spüren. Das dämpft die Ausfuhren von Eisenerz nach China. Zudem dämpft die Verschärfung der Krise in Argentinien die brasilianischen Ausfuhren. Im September verbuchte Brasilien daher ein Außenhandelsdefizit von umgerechnet 939 Mio. Dollar. Im Vorjahreszeitraum stand noch ein Überschuss von 2,1 Mrd. Dollar zu Buche. Allerdings macht der Export lediglich zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts Brasiliens aus. Zum Vergleich: Deutschland mit einem Exportanteil von 40 Prozent.

    Staatskonzerne unter Druck

    Petroleo Brasileiro in € auf ein Jahr

    Petroleo Brasileiro in € auf ein Jahr

    Eine mögliche Wiederwahl Rousseffs belastet besonders die Aktien der Staatskonzerne wie Petroleo Brasileiro (kurz Petrobras). Denn um die hohe Inflation zu begrenzen, greift Rousseff bei den Staatskonzernen ein. So begrenzt der Staat die Preise von Petrobras, was auf die Profitabilität drückt. Unter Druck waren auch die Aktien des Staatskonzerns Banco do Brasil. Allerdings dämmert etlichen Investoren inzwischen, dass selbst bei einem Sieg des Herausforderers die Wirtschaft nicht schnell auf Erfolgskurs gebracht werden könnte. Dazu sind die fundamentalen Probleme deutlich zu groß.

    Neves müsste energische Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Steuern und bei den Ausgaben für die Rente angehen. Die Probleme spiegelt auch die Währung eindrucksvoll wieder. Der Real notiert mit 2,49 Real je Dollar auf dem niedrigsten Niveau seit 2005. Belastet wird der Real von dem steigenden Leistungsbilanzdefizit, das für die vergangenen zwölf Monate in der Nähe des Rekordhochs liegt. Brasilien ist also auf den Zufluss ausländischen Kapitals angewiesen.

    Sollte Neves überraschend siegen, könnte es kurzfristig einen deutlichen Kurssprung beim Bovespa geben. Bei einer Wiederwahl Rousseffs könnte der Index hingegen weiter abwärts tendieren. Mögen die Brasilianer angesichts der verhaltenden Zukunftsperspektiven die richtige Wahl treffen.



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    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
    Katerstimmung und Schlammschlacht am Zuckerhut Heute sind in Brasilien Präsidentschaftswahlen. Amtsinhaberin Dilma Rousseff und ihr Herausforderer liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Etliche Investoren befürchten allerdings, dass selbst bei einem Sieg des Herausforderers die Wirtschaft nicht …