Lech Walesa
„Gauck und Merkel können kein vereintes Europa errichten“
Der frühere polnische Staatspräsident und Arbeiterführer Lech Walesa hat Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. Beide seien fähig und beliebt, aber „sie gehören nicht zu denen, die ein enger vereintes Europa errichten könnten“, sagt Walesa der ZEIT-Beilage „Christ und Welt“. Gauck und Merkel zählten zu den Politikern, die „noch zu sehr in den Kategorien des Nationalstaates“ denken. Angesichts der wachsenden Konflikte müssten die Regierungen ein engeres Bündnis zwischen Europa und den USA schmieden: „Wenn wir diesen neuen Raum über die Länder hinaus nicht schaffen, werden wir in eine Krise kommen.“
Walesa hält den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt für den fähigsten deutschen Staatsmann: „Er war das größte Talent mit dem größten Intellekt.“ Schmidt könnte nach Walesas Einschätzung mit den heutigen Spannungen am besten umgehen. Zu seiner eigenen Rolle sagte Walesa: „Ich war dazu auserkoren, den Kommunismus zu zerschlagen.“
Weltgemeinschaft solle Russland Riegel vorschieben
Hart geht Walesa in der ZEIT-Beilage mit der Expansions- und Abschottungspolitik Russlands ins Gericht. „Russland erklärt gerade der ganzen Weltzivilisation den Krieg.“ Es sei „höchste Zeit, dass die Weltgemeinschaft dem einen Riegel vorschiebt“. Zu seiner früheren Forderung, Atomwaffen zur Abschreckung an der Grenze zwischen Polen und Russland zu stationieren, sagte Walesa: „Wir lieben die Russen! Aber wenn sie ohne Einladung polnischen Boden betreten, dann lassen wir das nicht zu.“
Lech Walesa - Arbeiterführer, Friedensnobelpreisträger, Staatspräsident
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Walesa führte 1980 als Danziger Gewerkschaftsfunktionär den ersten erfolgreichen Arbeiteraufstand im Ostblock an. Mehrere Jahre lag wurde er interniert und unter Hausarrest gestellt. 1983 bekam er
den Friedensnobelpreis. 1988 erzwang er durch einen neuen Streik die Bildung Runder Tische, die das Ende des Sozialismus in Polen bedeuteten. Von 1990 bis 1995 war Walesa Polens
Staatspräsident.