Ölpreis im Sinkflug: Jetzt bereits Öl kaufen?
Ich erinnere mich gut daran, wie mir mein Schwiegervater vor rund zwei Monaten stolz berichtet hat, er habe den niedrigen Ölpreis genutzt,
um die Tanks der hauseigenen Ölheizung vorzeitig aufzufüllen.
Damals war der Preis für europäisches Rohöl der Sorte Brent Crude (für Ölheizungen wird ein extra leichtes hochwertigeres Öl verwendet; der Preis hängt aber am Preis für Rohöl) gerade unter die Marke von 100 Euro je Barrel gefallen. Aktuell kostet ein Barrel nur noch 73,07 Euro.
Das zeigt: Auch im Alltag ist man nicht vor Fehlspekulationen geschützt. Und ich gebe zu: Würden wir in unserem Haus mit Öl heizen, hätte ich es vielleicht gleich gemacht wie mein Schwiegervater.
Niemand konnte ahnen, dass der Preis so massiv einbrechen würde. Im Gegenteil: Viele Marktbeobachter hatten wegen der Spannungen mit Russland und im Nahen Osten mit steigenden Notierungen gerechnet.
Dass der Preis in dieser Phase trotzdem immer weiter gefallen ist, ist bemerkenswert. Vorgestern (Donnerstag) kam es nun zum Showdown: Die einst allmächtige OPEC, die früher den Ölpreis durch Anhebungen oder Senkungen der Produktionsziele fast nach Belieben steuern konnte, beschloss überraschend, man werde den Output nicht senken – trotz der vorhandenen Überkapazitäten am Markt.
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Diese waren u.a. deshalb zustande gekommen, weil Saudi Arabien und Co. mehr produzierten als vereinbart und gleichzeitig die USA durch technologische Fortschritte beim umstrittenen Fracking-Verfahren immer mehr Öl aus Ölschiefer-Platten wirtschaftlich rentabel fördern können. Die Macht der OPEC schwindet. Die jüngste Entscheidung ist ein untrügliches Indiz dafür, dass man den Kampf um die Preishoheit aufgegeben hat.
Straft sich das Kartell aber nicht letztlich selbst, wenn man durch diese Sturheit einen Preiskampf provoziert? Zu einem gewissen Grad ist das sicher so, aber wenn der Ölpreis wirklich noch deutlich weiter fallen sollte, dann sind vor allem die Ölschiefer-Produzenten in Kanada und den USA die Leidtragenden.
Zwar können die Shale Oil-Produzenten in den Boomregionen Eagle Ford (Texas) und Bakken (North Dakota; Montana) bis hinunter zu einem Preis von 40 bis 50 US-Dollar je Barrel profitabel produzieren, aber die Gewinnmargen werden natürlich geringer – und neue Projekte weniger attraktiv bzw. sofort auf Eis gelegt. Und: Viele herkömmliche Ölproduzenten können noch weit billiger produzieren.