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    EZB im Dilemma  3052  4 Kommentare Draghi will weder Grexit-Buhmann noch Handlanger der Politik sein

    Eigentlich sind die griechischen Banken längst pleite, die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte also keine weiteren Ela-Notkredite mehr zahlen. Doch stoppt sie die Notkredite, leitet sie den Grexit durch die Hintertür ein. Keine leichte Entscheidung, die Mario Draghi gemeinsam mit dem EZB-Rat am Montag zu fällen hatte. Trotzdem haben sie sich entschieden…

    Die Notenbanker werden den griechischen Banken den Geldhahn nicht zudrehen. Stattdessen fließen weiterhin Ela-Notkredite in Höhe von knapp 90 Milliarden Euro nach Griechenland. Damit hält die EZB die Notkredite auch nach dem „Nein“ der Griechen beim Referendum auf dem aktuellen Stand. Das teilte die Notenbank nach Beratungen des EZB-Rats am Montag in Frankfurt mit.

    Also alles wie gehabt? Nicht ganz. Im Gegenzug zur weiteren Gewährung der Notkredite verschärfte die EZB die Regeln für die griechischen Banken. Diese müssen bei den Sicherheiten, die sie für die Kredite hinterlegen, höhere Risikoabschläge hinnehmen. Kreisen zufolge liegen die Abschläge nun bei Prozent, so „dpa-AFX“. Zudem habe die EZB einen griechischen Antrag, die Kredite um drei Milliarden Euro aufzustocken, abgelehnt, berichtete die Nachrichtenagentur Bloombert unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

    Die Botschaft an die Beteiligten im Schuldenstreit ist klar: Wir erkaufen euch Zeit, um die Krise politisch zu lösen, aber lange werden wir das Spiel nicht mehr mitmachen.

    Draghi will nicht der Grexit-Buhmann sein

    Die „Welt“ zeigt Verständnis für Draghi, der in dieser Lage nicht derjenige sein wolle, der Griechenland „über die Klippe stößt“. Ob gewollt oder nicht, Fakt ist: der EZB-Chef dürfte im Grexit-Spiel die größte Macht besitzen (wallstreet:online berichtete). Die Ela-Notkredite (Emergency Liquidity Assistance/Ela) sind seit Monaten die einzige Geldquelle der griechischen Banken. Dreht die EZB diesen Geldhahn zu, gehen Griechenland im wahrsten Sinne des Wortes die Euros aus. Auf diese Weise könnte die EZB das durchsetzen, was die EU-Verträge nicht hergeben – einen Grexit durch die Hintertür. Ohne frisches Geld wäre die griechische Regierung gezwungen, eine Parallelwährung einzuführen. Das könnte sie aber streng genommen nur, wenn sie gleichzeitig aus der Währungsunion austritt (Lesen Sie hierzu den w:o-Faktencheck: Austritt oder Rauswurf – Welcher Grexit wäre juristisch machbar?).

    EZB in der Zwickmühle

    Doch die Entscheidung über einen Grexit sollte ein „demokratisch schwach legitimierter Technokrat wie der Notenbankpräsident den gewählten Regierungen und Parlamenten überlassen“, urteilt die „Welt“. Die aber hätten Draghi nun zum wiederholten Mal ziemlich allein im Regen stehen lassen. Während die Staats- und Regierungschefs einen ergebnislosen Krisengipfel nach dem anderen abhalten, liegt es an Draghi, mit seinen Entscheidungen den Politikern die nötige Zeit zu erkaufen. Eine Situation, an der der EZB-Chef nicht unschuldig ist. Er habe sich selbst in diese Lage gebracht, heißt es. Nun steht Draghi vor einem schier unlösbaren Dilemma: „Alimentiert er die griechischen Banken weiter, leidet seine Glaubwürdigkeit. Zieht er die Notbremse, steht er als derjenige da, der die Idee einer irreversible Währungsunion zu Grabe trägt.“

    Kapitalverkehrskontrollen verlängert

    Unterdessen hatte die griechische Regierung bereits vor der Entscheidung der EZB die Verlängerung der Kapitalverkehrskontrollen beschlossen. Wie die Präsidentin des Bankenverbandes, Louka Katseli mitteilte, wurde die seit gut einer Woche geltende Regelung um zwei Tage verlängert. Damit bleiben die Banken bis mindestens Mittwoch geschlossen.

    Wie es nach dem Mittwoch weitergeht bleibt ungewiss. Experten vermuten, dass die Notenbank zunächst den Gipfel der Staats- und Regierungsschefs abwarten wird. Voraussetzung für die Gewährung der Kredite ist laut jüngsten EZB-Aussagen eine Annäherung zwischen Griechenland und seinen Gläubigern über die Finanzierung der Schulden des Landes. Die EZB will die Entwicklung an den Finanzmärkten genau beobachten.

    Ohne eine politische Lösung der Krise wird der EZB-Chef wohl oder übel demnächst gezwungen sein, geldpolitische Fakten zu schaffen und die Staatspleite Griechenlands zu besiegeln. Aus Mario Draghi, dem Euro-Retter, könnte dann Mario Draghi, der Euro-Zerstörer, werden.

     




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