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    Neue Rezessionsangst  5913  1 Kommentar China-Krise trifft auf fragile Euro-Zone - Zerfallsprozesse im Euro beschleunigt - Seite 2

    Rund 6 Billionen US-Dollar dürften in den Sand gesetzt worden sein, in Form von Städten ohne Bewohnern und Fabriken ohne Nachfrage. Die Folge der erheblichen Überkapazitäten ist in einer staatlich gelenkten Wirtschaft nicht anders als bei uns: die Preise fallen. Verschuldete Unternehmen schauen nicht mehr auf den Gewinn, sondern auf den Cash-Flow.

    Alles, was Geld in die Kassen spült, ist willkommen. So fallen die Preise auf Produzentenniveau in China seit 40 Monaten. Da zugleich die Zinsen bei rund sechs bis acht Prozent liegen, zahlen chinesische Unternehmen vermutlich den höchsten Realzins der Welt. Mehr braucht es nicht, um ein Land in eine tiefe Krise zu stürzen.

    Dazu wird es in China vorerst nicht kommen. Die Notenbank kann die Zinsen noch deutlich senken und Devisenreserven mobilisieren. Dennoch ist die auf rund 800 Milliarden Dollar alleine in den ersten sechs Monaten diesen Jahres geschätzte Kapitalflucht ein erhebliches Warnsignal. Die Bevölkerung, vor allem die Vermögenden aus dem Umfeld der Partei, glauben nicht mehr an die Fortsetzung des Booms.

    China exportiert Deflation

    Auch wenn es jetzt nicht zu einem anhaltenden Verfall der chinesischen Währung kommt, wogegen auch die hohe Verschuldung chinesischer Unternehmen in US-Dollar von fast zehn Prozent des BIP spricht, bleibt der deflationäre Druck fallender Produzentenpreise. Mit fatalen Wirkungen für die überschuldete Weltwirtschaft.

    Europa erlebt im Sommer 2015 die lang erwartete Erholung. Tiefe Zinsen, schwacher Euro und günstiger Ölpreis haben nach sieben Jahren Dauerkrise die Peripherie belebt. Deutschland sonnt sich im Exportboom in die Schwellenländer, China, die USA und die nicht-Euroländer Europas. Die Politiker feiern das vermeintliche Ende der Krise, gerade jetzt, wo doch Griechenland endlich gelöst ist. Zumindest für die nächsten drei Jahre. Die EZB feiert den eigenen Erfolg in der Deflationsbekämpfung.

    Doch die Lage ist fragil. Keines der grundlegenden Probleme der Eurozone wurde gelöst. Die Schuldenstände bleiben zu hoch und wachsen weiter und die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer bleibt schwach. Selbst Spanien als Musterschüler bräuchte bei derzeitigem Tempo noch 10 Jahre und einen Schuldenschnitt, um die Krise zu überwinden.

    Chinesische Krise trifft auf fragile Euro-Zone - Zerfallsprozesse im Euro beschleunigt

    Auf diese fragile Eurozone trifft nun die chinesische Krise. Die schwache Konjunktur in China wirkt auf verschiedene Wege negativ auf uns. Zunächst sinken die Exporte nach China, das trifft vor allem Deutschland. Die sinkende Nachfrage nach Rohstoffen dämpft die Konjunktur in den Rohstoffländern von Australien bis Südafrika. Damit sinkt auch hier die Importnachfrage und wächst das Risiko von weiteren Finanzkrisen angesichts der auch dort aus dem Ruder gelaufenen Verschuldung.

    Fallende Rohstoffpreise und sinkende Exportpreise aus China verstärken den deflationären Druck. Den Notenbanken im Westen bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten gegenzusteuern. Bleibt nur noch die direkte Finanzierung von Staatsausgaben, um die Wirtschaft wieder auf Kurs zu zwingen. Ob und wie schnell es dazu kommt, bleibt abzuwarten.

    Klar ist hingegen, dass eine erneute Rezession die Zerfallsprozesse im Euro beschleunigen wird. Spätestens bei der nächsten Rezession wird es zu einem politischen Erdrutsch in einem der Krisenländer kommen. Die Wahlsieger werden dann das Projekt beenden. Mit massiven Schäden für uns alle.

    Doch wie gesagt. China will nicht, dass es soweit kommt. Deshalb wird die Abwertung nicht so weit gehen, wie viele befürchten und mit lockerer Geldpolitik wird China denselben Weg gehen wie wir. Die Krise, die durch zu viele Schulden ausgelöst wurde, durch noch mehr Schulden zu bekämpfen. Eine Runde geht noch. Offen nur, ob es auch für die Eurozone reicht.
     


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    Daniel Stelter
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    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
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    Verfasst von Daniel Stelter
    Neue Rezessionsangst China-Krise trifft auf fragile Euro-Zone - Zerfallsprozesse im Euro beschleunigt - Seite 2 Eine erneute Rezession infolge der China-Krise wird die Zerfallsprozesse im Euro beschleunigen. Es wird zu einem politischen Erdrutsch in einem der Krisenländer kommen und die Wahlsieger das Projekt beenden. Mit massiven Schäden für uns alle.

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