JPMorgan
Neue Regeln führen bei Europas Großbanken zu Kapitallücken
LONDON (dpa-AFX) - Europas Großbanken drohen wegen der geplanten Harmonisierung bei der Berechnung des Eigenkapitals neue Kapitallöcher. Die in der Branche viel beachteten Analysten der US-Bank JPMorgan rechnen durch die vereinheitlichten Regeln mit einem zusätzlichen Kapitalbedarf von 26 Milliarden Euro, wie sie in einer aktuellen Studie schreiben. Besonders betroffen dürften Institute in Südeuropa sowie zwei französische Großbanken sein. Allerdings glauben die Experten, dass die meisten Banken die Lücken ohne Kapitalerhöhungen schließen können. Dafür dürften einige bei der Ausschüttung an die Anteilseigner sparen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) drängt in ihrem ersten Jahr als neue Oberaufseherin über die Banken der Eurozone auf ein höheres und qualitativ hochwertigeres Eigenkapital bei den Banken. Zudem arbeitet sie an einer besseren Vergleichbarkeit bei der Berechnung des Kapitalquoten. Bislang gibt es in jedem Land spezielle Eigenheiten und Spielräume, die Kapitalangaben der Banken schwer vergleichbar machen und deshalb Misstrauen von außen wecken.
In der vergangenen Woche legte die EZB nach Informationen aus Finanzkreisen neue Mindestkapitalquoten für die meisten der 123 von ihr direkt beaufsichtigten Großbanken fest. Es wird erwartet, dass die neuen offiziellen Vorgaben etwas strenger als bislang sein werden. Die Bankaufseher legen jedes Jahr fest, wie hoch die Kapitalausstattung von Banken sein muss. Eigenkapital gilt als wichtiger Puffer gegen neue Krisen.
Allerdings übertreffen die meisten Banken inzwischen auf Druck von Investoren die offiziellen Vorgaben. In ihrer Analyse prognostizieren die Experten von JPMorgan nun die Investorenerwartungen für eine komfortable Kapitalbasis der Banken nach der Vereinheitlichung der Berechnungsregeln. Demnach dürften 13 der von ihnen untersuchten 35 Großbanken die eigenen Kapitalziele verfehlen. Durch die neuen Vorgaben könnten die Banken deutlich weniger Eigenkapital anrechnen. Die JPMorgan-Experten beziffern die Summe des nicht mehr anrechenbaren Eigenkapitals bei den untersuchten Banken auf 137 Milliarden Euro.
Die größten Löcher dürften bei Credit Agricole , Santander , Unicredit und Societe Generale auftauchen. Allerdings dürften diese Institute die Lücken aus eigener Kraft schließen können. Lediglich bei der österreichischen Raiffeisen Bank International (RBI) erwarten die Analysten einen Kapitalerhöhung.
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In ihrer Analyse gehen die JPMorgan-Experten dabei anders als viele andere Analysten davon aus, dass die EZB einige umstrittene Sonderregeln wie die Anrechnung der steuerliche Verlustvorträgen beibehält. Einige südeuropäischen Staaten haben ihren Banken zuletzt erlaubt, diese als direkte Forderungen an das Finanzamt in ihre Bilanz aufzunehmen und damit diese sogenannten latenten Steueransprüche ("deferred tax assets") dem Eigenkapital zuzurechnen./enl/zb/stb