Hüfners Wochenkommentar
"Umdenken bei den Rohstoffpreisen?"
7. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Für viele Analysten und Händler scheint es klar zu sein: Der drastische Rückgang der Rohstoffpreise, den wir in den vergangenen Jahren und Monaten erlebt haben, ist ein Ausreißer nach unten. Er hängt im Wesentlichen mit der chinesischen Wachstumsschwäche zusammen. Spätestens in ein, zwei Jahren werden die Preise wieder da sein, wo sie im Schnitt der vergangenen fünf bis zehn Jahren lagen, nämlich 20 Prozent bis 30 Prozent höher.
Ich möchte dieses Mantra in Frage stellen. Ich glaube, dass die Community hier einem Irrtum aufsitzt. Ich habe mir dazu einmal die historische Entwicklung der Rohstoffpreise in den letzten hundert Jahren angeschaut. In der Grafik sind als Beispiel die Kupferpreise seit 1910 dargestellt. Über 90 Jahre lang stiegen sie bei nur relativ kleinen Schwankungen mit einer Rate von etwas mehr als 2 Prozent pro Jahr. Nach der Jahrtausendwende sind sie dann förmlich explodiert. Sie erhöhten sich um mehr als das Fünffache. Jetzt kommen sie wieder zurück, haben aber immer noch nicht das Niveau des Jahres 2000 erreicht.
In US-Dollar-Cent/Pfund (Quelle: Stooq, COMEX)
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Die Botschaft der Grafik ist klar. Der Normalzustand der Kupferpreise sind nicht die hohen Notierungen der vergangenen Dekade. Der Normalzustand liegt deutlich darunter. Wenn man den Wachstumstrend der ersten 90 Jahre bis heute hochrechnet, dann kommt man auf Preise, die etwa halb so hoch sind wie die aktuellen Preise am Markt. Sicher wäre es übertrieben, für die Zukunft mit so niedrigen Preisen zu rechnen. Wichtig ist aber: Der Absturz der Preise in den letzten Monaten ist kein Ausreißer. Er ist vielmehr die Rückkehr zur Normalität.
Das gilt im Trend nicht nur für Kupfer, sondern auch für viele andere Rohstoffe.
Nun mag mancher einwenden: Was kümmert uns die Entwicklung von 100 Jahren? Die Welt hat sich verändert. Rohstoffe sind heute teurer als früher, weil durch die industrielle Entwicklung mehr Kupfer, Öl und andere Vorprodukte gebraucht werden.
Das wird vielfach auch theoretisch begründet. Seit dem englischen Ökonomen Thomas Robert Malthus vor 200 Jahren wissen wir, dass die Wirtschaft exponentiell wächst, die natürlichen Ressourcen dagegen wenn überhaupt allenfalls linear. In einer solchen Welt muss es immer wieder Spannungen und Knappheiten geben. Im einfachsten Fall führen sie zu größeren Preissteigerungen. Es kann aber auch schlimmer kommen. Malthus erwartete regelmäßige Hungersnöte, durch die sich die Bevölkerung an die begrenzten Ressourcen anpasst.