ANALYSE
Julius Bär favorisiert 2016 französische und schweizerische Aktien
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Privatbank Julius Bär empfiehlt Anlegern für 2016 den Kauf französischer und schweizerischer Aktien. "Frankreich ist das neue Deutschland", sagte Chefstratege Christian Gattiker am Donnerstag in Frankfurt. Vor zehn Jahren sei Deutschland in einer ähnlich schlechten Verfassung gewesen wie heute sein westlicher Nachbar - bis die "Agenda 2010" des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) angefangen habe zu wirken.
Auf eine ähnlich positive Wirtschafts- und Börsenentwicklung hofft Gattiker in Frankreich, dessen Reformbemühungen vergleichbar skeptisch beäugt würden wie seinerzeit in Deutschland. Besonders optimistisch bewertet der Experte die Geschäftsaussichten von Renault und Peugeot : "Die französische Autoindustrie war auf den Knien, doch ihre Lage hat sich dramatisch verbessert."
Auch die Terror-Attacken in Paris ändern nichts an Gattikers grundsätzlich positiven Erwartungen für Frankreich. "Wenn ein westlicher Regierungschef jetzt von Krieg spricht, meint er nicht die Generalmobilmachung, sondern eine Fiskalexpansion wie George W. Bush nach den Anschlägen 2001", betonte er unter Verweis auf Äußerungen von Frankreichs Präsident Francois Hollande. Die jüngsten Ereignisse könnten das Ende der europäischen Austeritätspolitik einläuten - "und das wäre besonders gut für Frankreich und Italien".
Für Schweizer Dividendenpapiere spricht Gattiker zufolge die gute Verfassung der eidgenössischen Unternehmen. Sie seien angesichts des starken Franken seit Jahren gezwungen, immer besser zu werden, um mit ihren Exporten konkurrenzfähig zu bleiben.
Überhaupt sollten die Unternehmensgewinne im kommenden Jahr die alleinige Triebfeder für die Aktienkurse werden. Denn anders als 2015 seien von der weltweit lockeren Geldpolitik und den niedrigen Ölpreisen keine weiteren Impulse zu erwarten, betonte David Kohl, Chefvolkswirt der schweizerische Privatbank für Deutschland. Entsprechend warnen die Experten vor zu großen Erwartungen an die bereits hohen Notierungen.
Aus Branchensicht dürften vor allem Technologietitel stark abschneiden. Dieser Bereich sei in Europa unterrepräsentiert, weshalb kein Weg an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq und der "digitalen Revolution" vorbeiführe, betonte Gattiker. Denn viele Unternehmen steigerten ihre Effizienz inzwischen nicht mehr über die Hardware, sondern über die Software. Als Beispiel führte er den kalifornischen Elektroauto-Pionier Tesla an, der in seinen Werken etliche Software-Ingenieure beschäftige.
Für den US-Aktienmarkt insgesamt hält sich die Begeisterung des Experten in Grenzen. Auch weil die dortige Wirtschaftserholung nach der Finanzkrise schon vergleichsweise weit fortgeschritten sei, biete Europa mit seinem noch jungen Aufschwung bessere Anlagechancen, hob er hervor. Generell sollten Investoren auf einen starken Binnenkonsum in den Industrieländern setzen. Die Eurozone profitiere zusätzlich vom schwachen Euro, der die globale Nachfrageschwäche etwas abmildere.
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Mit Blick auf die Schwellenländer mahnte Gattiker zur Geduld. Für eine attraktive Einstiegsgelegenheit müssten die dortigen Aktienkurse noch deutlich weiter fallen - doch dann winkten hier die besten Kaufmöglichkeiten seit vielen Jahren. Besonders für das Wachstum der größten Schwellenländer China und Indien sind die Experten zuversichtlich. In China rechnet Gattiker mit steigenden Gesundheitsausgaben, wovon die in dieser Branche tätigen Unternehmen profitieren sollten./gl/jha/he