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    Dividendenstripping  3614  0 Kommentare Millionenstrafe wegen dubioser Cum-Ex-Deals - Aber das ist erst der Anfang

    Gesetzesänderung, Untersuchungsausschuss … die Politik macht im Kampf gegen Dividendenstripping ernst. So auch die Justiz. Sie statuiert ein Exempel und verdonnert nun die erste Bank zu einer Millionenstrafe.

    Über Jahre hinweg nutzten Aktionäre ein milliardenschweres Steuerschlupfloch rund um die Dividendenauszahlung. Mittendrin im wohl größten Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik: Die HypoVereinsbank. Dafür soll sie nun zur Rechenschaft gezogen worden sein.

    Dem Recherchenetzwerk von „Süddeutsche Zeitung“, WDR und NDR zufolge zahlt die HypoVereinsbank ein Bußgeld von fast zehn Millionen Euro. Demnach habe die Bank einen Bußgeldbescheid des Amtsgerichts Köln über 9,8 Millionen Euro wegen ihrer Verstrickung in fragwürdigen Aktiendeals zulasten des Fiskus akzeptiert. Die Meldung ist bislang noch nicht offizielle bestätigt, auch die HypoVereinsbank wollte laut dpa am Donnerstagabend keine Stellung dazu nehmen.

    Wie die „Süddeutsche Zeitung“ außerdem berichtet, soll das Amtsgericht Köln in Kürze einen weiteren Bußgeldbescheid gegen die HypoVereinsbank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei Geschäften in Luxemburg erlassen. Auch hier wolle die Bank den Betrag in Höhe von 19,1 Millionen Euro zahlen, heißt es.

    Die Verstrickung in die Cum-Ex-Deals würde die HypoVereinsbank also insgesamt 30 Millionen Euro kosten. Mit dieser Strafe käme sie äußerst glimpflich davon, so die "SZ". Sie käme aber deshalb so glimpflich davon, weil sie als erste Bank ein Geständnis abgelegt und mit „erheblichem personellen und finanziellen Aufwand“ die Cum-Ex-Deals selbst mit aufgeklärt habe. Berücksichtige man zudem die Steuernachzahlungen sowie die Kosten der eigenen Untersuchung, so koste die Dividendenaffäre in Wahrheit mehr als 250 Millionen Euro.

    Dividendenstripping inländischer Akteure

    Beim sogenannten Dividendenstripping, auch „Cum-EX-Geschäfte“ genannt, machten sich Banken und Investoren jahrelang eine Gesetzeslücke zunutze. Zunächst verkauften sie Aktien kurz vor Dividendenausschüttung leer, um sie kurz nach Dividendentermin wieder zurückzukaufen. Warum? Ganz einfach: Die auf Dividenden fällige Kapitalertragssteuer in Höhe von 25 Prozent wird bei der Ausschüttung der Dividende einbehalten. Der Aktionär bekommt eine Steuerbescheinigung und kann sich das Geld später vom Fiskus erstatten lassen. Aufgrund des Leerverkaufs bekamen beim Dividendenstripping aber sowohl der „echte“ Inhaber als auch der Leerverkäufer eine solche Steuerbescheinigung, obwohl de facto nur ein Mal Steuern in Form der Kapitalertragssteuer gezahlt wurden (Mehr zu diesem Thema finden Sie hier und hier).

    Dividendenstripping mit ausländischen Akteuren

    Ausländische Investoren bekommen anders als deutsche Anleger die Kapitalertragssteuer nicht erstattet. Was ist also hier der Trick? Die ausländischen Anleger verkaufen ihre Aktien vor dem Dividendenstichtag an ein deutsches Unternehmen bzw. eine deutsche Bank. Diese erhält die Dividende samt Steuerersparnis und gibt die Aktien danach wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück. Doch das Ganze hat einen Haken für die deutschen Partner: Anleger aus dem Ausland sind nicht an das deutsche Steuerrecht gebunden. Somit tragen die deutschen Partner das 100-prozentige Risiko für Steuerrückforderungen und Geldstrafen.

    Ein Fall für den Untersuchungsausschuss

    Wie wallstreet:online in den vergangenen Tagen mehrfach berichtete, will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit einer Gesetzesänderung diesen „Milliarden-Tricksereien“ nun einen (kleinen) Riegel vorschieben (siehe hier). Denn allein in diesem Jahr könnten Anleger den deutschen Fiskus  um rund fünf Milliarden Euro geprellt haben, so die „WirtschaftsWoche“ unter Berufung auf einer Schätzung des Finanzwissenschaftlers Christoph Spengel, zugleich wissenschaftlicher Berater von Schäuble.

    Darüber hinaus wird sich demnächst wahrscheinlich ein Untersuchungsausschuss des Bundestags mit dem Thema Dividendenstripping befassen. Die Opposition will voraussichtlich noch an diesem Freitag einen entsprechenden Antrag stellen (Lesen Sie hierzu: „12 Milliarden Euro gestohlen“ – Wie sind Politik und Behörden in Cum-Ex-Deals verwickelt?).




    wallstreetONLINE Redaktion
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